das portrait
: Die falsche Stiftung desHeinrich Liesen

Foto: Carsten van Bevern

Drei Tage vor Gründung seiner „Bernd-Rosemeyer-Stiftung“, im Juni 2013, saß Heinrich Liesen im Studio des Lingener Radiosenders Ems-Vechte-Welle und plauderte über all die Dinge, die im Namen des in Lingen geborenen und 1938 tödlich verunglückten Rennfahrers Rosemeyer finanziert werden sollten: Sportler mit Handicap, alleinerziehende Mütter und sportliche Veranstaltungen im Kreis Emsland sollten mit Stiftungsgeldern gefördert werden.

Viele Ehrengäste seien zur Gründung eingeladen, berichtete Liesen: „Wir werden natürlich jeden ansprechen und fragen: Möchtest Du da nicht ein bisschen mitmachen mit finanzieller Unterstützung?“ Die Gelder, sagte der Lingener Bauunternehmer, kämen „nicht auf ein Stiftungskonto, sondern werden direkt den Sportlern zugeleitet, die sich bei uns beworben haben und wo wir natürlich auch gerne helfen möchten.“

Seither werben Musik-Abende, Golf-Turniere oder Oldtimer-Rennen mit der „Bernd-Rosemeyer-Stiftung e. V.“ Wer sich allerdings auf die Suche nach ihr begibt, der wird nicht fündig. Eine Homepage namens „bernd-rosemeyer-emsland.de“ verweist auf die Stiftung unter „bernd-rosemeyer-lingen.de.“ Dort allerdings wird man direkt wieder auf die Ursprungs-Seite zurückgeleitet. Im Impressum steht Heinrich Liesen – und kein Wort von einer Stiftung. Kein Wort auch im Register des Bundesverbands Deutscher Stiftungen. Oder im Weser-Ems-Stiftungsverzeichnis in Oldenburg. Im Vereinsregister des für Lingen zuständigen Amtsgerichts Osnabrück gibt es ebenfalls keine „Bernd-Rosemeyer-Stiftung e.V.“ Lediglich der über 50 Jahre alte Lingener Motorsport-Club „MSC Rosemeyer“ ist dort verzeichnet. Kurzum: Es gibt keine Rosemeyer-Stiftung.

Fast fünf Jahre lang ist ihre Nicht-Existenz allerdings niemandem aufgefallen. Doch jetzt ist die Museums-Idee dazwischen gekommen: Liesen will nämlich Anfang 2019 in Lingen auch noch ein Rosemeyer-Museum eröffnen.

Das war dann auch dem Stadtrat zuviel. Denn: Rosemeyer war nicht nur ein berühmter Rennfahrer, sondern auch SS-Mitglied – und das bereits seit 1932. Das blendet Liesen, glühender Motorsport- und Rosemeyer-Fan, aber aus. Eine Sportkarriere während der NS-Zeit, sagte er in einem Interview mit der Lingener Tagespost, sei eben nur durch eine NSDAP-Mitgliedschaft möglich gewesen. Partei und SS – für Liesen offenbar kein Unterschied.

Jedenfalls hat sich der Stadtrat gegen das Museum ausgesprochen, viele BürgerInnen ebenso. Im Rahmen der heftigen Debatte fingen der Lingener Autor Christoph Frilling und weitere Museums-Gegner an, Hintergründe der Stiftung zu recherchieren – mit dem Ergebnis: Es gibt offenbar gar keine Stiftung. Auch die Stadt Lingen geht der Sache jetzt nach. Welche Konsequenzen der Fake hat, ist noch unklar, fest steht aber: Heinrich Liesens ohnehin angeschlagenen Ruf wird er sicher nicht verbessern. Simone Schnase