was bisher geschah
: Unfaire Filme

Während all die Wichtigen und Schönen langsam den roten Teppich vor dem Berlinale Palast betraten, wurde ein paar Kilometer entfernt, in der Kulturbrauerei in Prenzlauer Berg, schon am ersten Tag der Berlinale ein Preis verliehen. „Das ist hier keine glamouröse Veranstaltung“, wurde man vom ersten Redner begrüßt; dabei hatte man das schnell begriffen.

Ein Wind pfiff durch den Raum, es war halbdunkel und halbvoll. Um die Stimmung zu heben, erst mal ein Lied! Der Sänger der Band Die Höchste Eisenbahn singt: „Klar bin ich enttäuscht …“ Und natürlich ist die Band genervt davon, dass ihre Lyrics auf die Veranstaltung bezogen werden, aber sonst passiert halt nicht so viel. Dabei ist es so wichtig!

Hier geht es nämlich um den Fair Film Award. Oliver Zenglein von Crew United, der Branchenplattform, die die Preisverleihung dieses Jahr veranstaltet hat, sagt, es sei deswegen nicht glamourös, weil das Ziel sei, sich selbst abzuschaffen. Irgendwann sollen alle Filmproduktionen fair sein: fair bezahlt, fair im Umgang, fair zur Natur, fair zu den Frauen.

Denn dass es gerade ziemlich katastrophal läuft, wie Jutta Brückner, Regisseurin und Autorin, sagt, das bestreite eigentlich niemand. Nur 13 Prozent der Freischaffenden in der Filmindustrie werden ungefähr nach Tarifvertrag bezahlt.

Bezahlen? Nö!

Der Insiderwitz des Abends kommt von Frank Werneke von Verdi. Er sagt etwas wie: „Weil Tarifverträge aushandeln, das können wir!“, und wird mit höhnischem Lachen bestraft. Da merkt man, dass überhaupt noch jemand wach ist.

Fabian Eder vom Dachverband der österreichischen Filmschaffenden sagt kurze Zeit später, während er an der Diskussionsrunde auf der Bühne teilnimmt: „Zum Glück steht hier kein Tisch. Sonst wäre mein Kopf schon draufgefallen vor lauter Langeweile. Hier diskutieren überalterte Partner über ein überaltertes System.“ Wie das neue System aussehen soll, weiß Eder leider auch nicht. Die Überalterten sind etwas pikiert.

„Wir kommen zum Höhepunkt“, sagt die Moderatorin nach zwei Stunden, in denen man um den Tiefpunkt gekreist ist. Die Preise werden verliehen. 28.000 Filmschaffende waren aufgerufen, die Produktionen, bei denen sie mitgearbeitet haben, zu bewerten. In der Kategorie „Serie“ gewinnen „Die Rentnercops“, eine Krimiserie der ARD. Beim Spielfilm gewinnt „Der Vorname“ von dem Regisseur Sönke Wortmann, produziert von Oliver Berben (Constantin Film).

Die schlechteste Bewertung, die Note 5,25, bekam „Berlin I love you“, ein Episodenfilm, produziert von Claus Clausen. Die Mitarbeiter wurden monatelang nicht bezahlt und gingen schließlich vor Gericht. Und Die Höchste Eisenbahn singt: „Und was ihr haben sollt, das ist Anerkennung, für alles.“ Viktoria Morasch