Friede, Freude, Olympia

Charmeoffensive Pjöngjangs: Koreanischer Gipfel rückt in den Bereich des Möglichen

Aus Seoul Fabian Kretschmer

In Korea scheint ein Gipfeltreffen zwischen Nord und Süd nach über zehn Jahren wieder in Reichweite: Kim Jong Uns jüngere Schwester Kim Yo Jong hatte Südkoreas Präsidenten Moon Jae In eine Einladung nach Pjöngjang überreicht. Dieser war weise genug, zunächst mit einer Antwort abzuwarten, bis sich die USA dazu geäußert haben. Am Montag kam nun von US-Vizepräsident Mike Pence ein erstes Zugeständnis: Während seines Rückflugs in die Vereinigten Staaten sagte er der Washington Post, dass die USA zu Gesprächen mit Pjöngjang ohne ­Vorbedingungen bereit wären.

Auch wenn die Olympischen Winterspiele gerade erst begonnen haben, steht der Goldmedaillengewinner für Sportdiplomatie bereits fest: Das nordkoreanische Regime brillierte zunächst darin, seine militärische Macht über alle Maßen aufzuplustern – und wenige Wochen später bereits nahezu handzahm zu erscheinen.

Die jüngsten Entwicklungen deuten darauf hin, dass die Drohungen von US-Präsident Donald Trump Nordkorea zum Einlenken bewegt haben. Seit Ende November arbeitet das Land daran, die USA von einem Präventivschlag abzubringen. Damals behauptete Kim Jong Un großspurig, sein Atomprogramm de facto vollendet zu haben – im Gegensatz zur Einschätzung unabhängiger Experten. Mit diesem rhetorischen Kniff kann er sich jedoch heute gesichtswahrend vor seiner Bevölkerung rechtfertigen, warum es nun keinerlei Raketentests mehr bedarf. Zwar hat das Regime mit seinen Provokationen in den vergangenen Jahren regelmäßig die rote Linie der Amerikaner ausgetestet, doch überschreiten möchte man diese nicht.

Und doch könnte das derzeitige Friedens-Momentum schon bald wieder verflogen sein: Nach den Spielen werden die USA darauf pochen, bisher verschobene Militärübungen auf südkoreanischem Boden abzuhalten. Nordkoreas entrüstete Reaktion darauf ist vorhersehbar.

Natürlich möchte Moon Jae In seinen Traum einer friedlichen koreanischen Halbinsel verwirklicht sehen. Doch Südkoreas Präsident kann an der Grundkonstellation des Konflikts schwerlich rütteln: Solange die USA Nordkorea keinen Nichtangriffspakt anbieten, wird das Regime in Pjöngjang weiterhin an seiner atomaren Strategie festhalten.