RWE und Co geben sich grünen Anstrich

GREENWASHING Konzerne sponsern Südpolforscher, erklären Schülern den Klimawandel – dem Image zuliebe

BERLIN taz | Firmen bekommen bei der Bahn ab sofort Ökotickets. Was machen sie noch, um grüner zu sein? Für RWE wird es nächsten Montag schöne Bilder für RWE geben: In Rotterdam läuft dann das Expeditionsschiff von Robert Swan an, einem Briten, der zugleich für den Schutz der Antarktis und für sich selbst wirbt. Seit ein paar Monaten lässt sich Swan vom Essener Energieriesen sponsern, hat unter anderem elf Konzernmitarbeiter mitgenommen auf eine „Leadership Expedition“ zum Südpol.

Das hat dem Klima zwar nichts gebracht, RWE kann die Reise aber auf einer Internetseite vermarkten. Kaum ein deutsches Unternehmen ist derzeit so aktiv in grüner Werbung wie RWE. Der Konzern hat es auch besonders nötig: Er ist der größte Braunkohleförderer Deutschlands und der größte CO2-Verursacher Europas. Noch immer steckt er viele Milliarden in neue Kohlekraftwerke.

Aber in dem drolligen Trickfilm, den RWE als Vorprogramm des neuen Harry Potter in die Kinos brachte, werden vor allem Unterwasserkraftwerke und Windräder gezeigt: Erstere gibt es noch gar nicht, Zweitere stellen laut einer Greenpeace-Studie bislang 0,1 Prozent des inländischen Kraftwerkparks. Längst ist Greenwashing, wie grünfärberische Imagekampagnen im Fachjargon heißen, ein Multi-Millionen-Geschäft, eine ganze Armada von PR-Agenturen hat sich darauf spezialisiert.

Der Ölriese BP beispielsweise lässt professionell gestaltete Unterrichtsmaterialien erarbeiten, die seine Sicht auf den Klimawandel (und erfolgversprechende Gegenstrategien) in die Schulen bringen. Audi chauffiert den Klimaguru Al Gore durchs Land und verbreitet hinterher Pressefotos davon. Das lässt die miese CO2-Bilanz der Audi-Neuwagenflotte kurz verblassen. Vattenfall sammelt öffentlich „Klimaunterschriften“ – und heuert weniger öffentlich PR-Profis an, um einen strikten Emissionshandel zu vereiteln.

Je lauter ein Unternehmen mit Ökoaktivitäten wirbt, desto misstrauischer sollte man sein, raten Experten. „Stell dir vor, du stehst vor einem brennenden Haus“, sagte der britische Werbefachmann John Grant mal, „würdest du Wasser schleppen und, so gut es geht, beim Löschen helfen? Oder würdest du davor stehen und rufen: ‚Schaut, was wir mit dem Eimer hier machen, und seht seinen wundervollen Echtholzgriff‘.“ TORALF STAUD