Heißer Streit um warme Rohre

Vattenfall fordert 1,3 Milliarden Euro für Fernwärmenetz, Hamburg lehnt ab. Gutachter soll Lösung finden

Von Sven-Michael Veit

Der Streit um Hamburgs Fernwärme wird immer hitziger. Hamburg und der Energiekon­zern Vattenfall können sich nicht auf einen Preis für den Verkauf des Fernwärmenetzes an die Stadt einigen. Vattenfall möchte gern 1,3 Milliarden Euro für die restlichen drei Viertel der Anteile, teilten das Unternehmen und die Finanzbehörde am Dienstag mit. Das liegt deutlich höher als der bereits vereinbarte Mindestkaufpreis von 950 Millionen Euro. Deshalb soll nun die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO als Schiedsgutachter einen von beiden Seiten akzeptierten Preis ermitteln.

Bei einem Volksentscheid im September 2013 hatte sich die Mehrheit der HamburgerInnen für eine Rekommunalisierung der drei Energienetze ausgesprochen. Für das Strom- und das Gasnetz wurde der Volksentscheid mittlerweile umgesetzt. Am Fernwärmenetz ist die Stadt bislang mit 25,1 Prozent beteiligt, die restlichen Anteile soll Hamburg im nächsten Jahr übernehmen – offen ist, zu welchem Preis.

Uneinigkeit herrscht auch über das Energiekonzept. Vattenfall möchte gern auch Wärme aus seinem Kohlekraftwerk Moorburg einspeisen. Die Umweltbehörde des grünen Senators Jens Kerstan will hingegen den kompletten Ausstieg aus der Kohle forcieren und die Wärmeversorgung aus vorwiegend regenerativen Quellen sichern. „Wir haben einen Koalitionsvertrag, Klimaziele und einen bindenden Volksentscheid, und wir wollen den schnellstmöglichen Kohleausstieg in der Wärme“, sagt Kerstan.

Während der Volksentscheid den Fernwärme-Rückkauf bindend vorschreibt, verbietet die Landeshaushaltsordnung der Stadt jedoch, für ein Unternehmen mehr zu zahlen, als es eigentlich wert ist. Im Klartext: Die Fernwärme-Übernahme und damit die Umsetzung des Volksentscheids könnte scheitern. Umgekehrt kann Vattenfall den Anschluss von Moorburg an das Fernwärmenetz nicht durchsetzen, wenn der Minderheitengesellschafter Hamburg sich verweigert: Die Stadt und der Konzern könnten sich somit bei der zukünftigen Wärmeversorgung gegenseitig langfristig komplett blockieren.