Drei Festnahmen und Bockwurst für alle

POLIZEIÜBUNG Wie die Bereitschaftspolizei Hannover mit Neonazis Schlitten fährt und dabei ihr Image poliert

„Kein Schaulaufen, sondern Echtbetrieb“ hatte man versprochen. Und „verdeckte Annäherung an das Objekt“. Also bleiben die Sirenen aus, als sich sechs Mannschaftswagen in Bewegung setzen, um einen von 50 Skinheads gekaperten Gasthof zu entsetzen. Mit an Bord, genauer gesagt: auf der Kühlbox für die Blutproben schaukelnd, die taz. Embedded bei der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) der 2. Hundertschaft der Bereitschaftspolizei Hannover. Was so wirkt, als wäre es direkt aus dem Leben gegriffen, ist nur eine Übung in einer ausgedienten Kaserne in Hannover: Den Polizisten stehen Kollegen in der für die Rechten typischen Kleidung gegenüber.

Der Trupp umfasst 40 Beamte. Ihr Daseinszweck ist, „gewalttätige Personen präzise zu erkennen“ und die Straftäter „selbst in einer größeren Menschenmenge beweissicher festzunehmen“. Kein leichter, manchmal auch ein umstrittener Job, deshalb muss er ja auch trainiert und ins rechte Medienlicht gerückt werden.

Das heutige Szenario heißt „Vorgehen bei einem rechtsextremistischen Konzert“. Es hätte auch gegen Hooligans, Autonome oder sonst wen gehen können, den die Staatsmacht als „klassischen Störer“ identifiziert. Ein, wie Demobesucher wissen, durchaus dehnbarer Begriff. Da machen sich Nazis einfach besser, weil: hässlich, gemein und allseits unbeliebt.

Die bösen Onkels und Tanten hopsen im ersten Stock einer alten Kaserne zu Drei-Akkord-Trash herum, brüllen „ACAB“ (All Cops Are Bastards) und geben stilecht die aggressiven Quartalssäufer. In den Flaschen ist natürlich nur Wasser und in den Bomberjacken stecken Poli und Zistri. Ihre Kollegen haben inzwischen die Haustür aufgerammt und stürmen nun unter Gebrüll den Saal. Nach drei Minuten ist Ruhe im Karton. Resümee: Beweise im Kasten, drei Festnahmen, Bockwurst für alle. Die Demokratie kann beruhigt schlafen gehen. MICHAEL QUASTHOFF