Was treiben eigentlich die Pandas im Zoo?: Meng Meng macht es immer noch

Großer Hype, großes Rätsel: Die Pandadame ging ständig rückwärts, von Hospitalismus war die Rede. Dann wurde es ruhig um Meng Meng und das Männchen Jiao Qing.

Meng Meng im Zoo: futtern, chillen, ab und zu rückwärts­gehen … Foto: Axel Schmidt/reuters

An einem Dezemberdienstag vor Weihnachten hat man den Zoo morgens um 10 Uhr für sich alleine, die ersten vereinzelten Gäste tauchen erst eine halbe Stunde später auf. Kurz vor 11 Uhr wird es dann aber doch voller – an genau einer Stelle, und ja, auch trotzder Kälte. Denn um 11 Uhr beginnt ein Tierpfleger direkt vor der Panda-Anlage mit dem sogenannten Panda-Talk: Das sind zehn Minuten geballte Information zu den beiden Pandabären, die seit Anfang Juli halb Berlin und Deutschland verzücken. Heute steht Marcus Röbke vor rund 50 Menschen und erzählt, wie sich das Männchen Jiao Qing und das Weibchen Meng Meng so machen.

Röbke arbeitet seit 25 Jahren im Zoo, seit 15 Jahren ist er Bärenpfleger. „Ich hatte auch mit Knut zu tun.“ Seit Juli ist er für die beiden Pandas zuständig. Und ganz dicht dran an den Tieren. Er muss also wissen, wie es beiden Pandas und speziell Meng Meng geht, die mit ihrem Tick, immer mal wieder rückwärts zu laufen, die Sommerschlagzeilen bestimmte.

Tierschutzorganisationen protestierten und kritisierten damals die Haltung der Tiere – es war von Hospitalismus die Rede. Darunter versteht man negative körperliche und psychische Begleitfolgen von Käfighaltung, vor allem das monotone Hin-und-her-schaukeln von Elefanten oder Bären ist bekannt. Wie also ist die derzeitige Situation bei Meng Meng?

„Wenn man sich das Tier länger anschaut, dann weiß man, dass das Verhalten von Meng Meng kein Hospitalismus ist“, sagt Marcus Röbke. „Hospitalismus bedeutet, dass ein Tier einen Zwang ausüben muss, jeden Tag, zur selben Zeit oder zu gewissen Zeiten, und das ist bei ihr nicht der Fall.“

Nur eine Übersprungshandlung

Eine Übersprungshandlung sei der Rückwärtsgang bei der Pandadame. „Gefällt Meng Meng etwas nicht – so wie heute, wo Vermessungsleute auf ihrer Anlage unterwegs sind –, dann läuft sie rückwärts“, erklärt Röbke. „Ist die Bambussorte nicht die richtige, ist es zu heiß oder zu kalt oder passiert etwas in ihrem Körper – bald wird Meng Meng geschlechtsreif und ihre erste Menstruationsphase kommt –, dann läuft sie rückwärts. Das ist stets ein Zeichen ihres aktuellen Unwohlseins.“

Die beiden Pandabären aus einer chinesischen Zuchtstation sind eine Leihgabe für 15 Jahre. Eine Million US-Dollar pro Jahr zahlt der Zoo für sie. Er ist damit der einzige Tierpark Deutschlands, der die seltenen Tiere hält.

Die neue Panda-Anlage kostete rund zehn Millionen Euro. Die Investition dürfte sich lohnen. Seit dem großen Hype um den Eisbären Knut 2007 war der Zoo im westlichen Zentrum Berlins nicht mehr so oft in den Schlagzeilen. Genaue Besucherzahlen könne man aber erst Anfang 2018 bekanntgeben.

Der Zoo Berlin ist für den Giant Panda Award in fünf von zwölf Kategorien nominiert, er wird seit 2012 jährlich verliehen. Weltweit wird abgestimmt, Panda-Fans haben dafür bis zum 21. Januar Zeit. (heg)

Das Pandamännchen würde Ähnliches tun. „Bloß bei Jiao Qing sieht das keiner und damit regt sich auch keiner darüber auf“, erläutert Röbke. Er laufe dann teilweise im Kreis herum, aber vorwärts, und mache ein typisches Geräusch. Beide Tiere zeigten mit solchem Verhalten, dass etwas nicht richtig sei. „Also versuchen wir das, was den beiden nicht gefällt, zu ändern. Das gelingt uns mal besser, mal schlechter. Aber stimmt, Meng Meng macht es noch, ja.“

Aber nicht immer. Schon gar nicht nachts. Tierpfleger Röbke ist stets von 8 bis 17 Uhr im Dienst. „Wenn wir Meng Meng in die Schlafbox reinholen – jetzt im Winter um 16 Uhr –, läuft sie nicht einmal rückwärts. Das tut sie nur am Tag und wenn sie weiß, dass dann vielleicht ein Pfleger kommt und guckt, was los ist.“ Daran würde man sehen, „dass es sich noch nicht um Hospitalismus handelt“, resümiert Röbke.

So eine Eingewöhnung dauert eben: „Die beiden sind ja erst seit Juli hier,“ sagt Röbke, „und dafür haben wir den Erfolg, dass sie gut fressen und gut zunehmen, und so langsam das mit dem Rückwärtslaufen besser in Griff kriegen.“

Lange Eingewöhnungszeit

„Pandas brauchen generell eine lange Eingewöhnungszeit“, bestätigt auch Zoo-Pressesprecherin Philine Hachmeister, „und gerade Meng Meng, die etwas speziell ist, ist sehr menschenbezogen, das ist bei Jiao Qing ja nicht so.“

Fragen bleiben: Wie gefährlich ist so eine Übersprungshandlung? Legt sich das mit der Zeit? Wird es schlimmer?

„Eine Übersprungshandlung kann zu Hospitalismus führen, wenn man sie nicht adäquat bekämpft“, erklärt Marcus Röbke, „und da sind wir wirklich dran.“ Die Pfleger schauten aber schon darauf, dass sie nicht immer gleich reagierten. „Weil wir ihr damit nur beibringen: Lauf rückwärts und wir kommen.“

An diesem Dienstagmorgen zeigt sich die Pandadame jedenfalls sehr entspannt: Sie ist vor allem mit Futtern beschäftigt, sie sitzt und frisst, läuft auch mal hin und her, und nur einmal für eine Minute lang rückwärts. Meng Meng wirkt in dieser halben Stunde völlig normal. Aber wer weiß schon, was normal für einen Pandabären ist? Im Grunde genommen Futtern und Schlafen, erklärt der Fachmann Röbke. Bei Jiao Qing ist das jedenfalls so. Meng Meng ist deutlich aktiver. Das liegt wohl daran, dass sie mit vier Jahren noch jung und so etwas wie pubertär ist. Das Männchen mit sieben Jahren ist eben schon erwachsen.

Die schwarz-weißen Bären gelten sexuell als ausgesprochen träge

Meng Meng hat viel gelernt

Marcus Röbke hat das Gehege von Meng Meng kurz vor 11 Uhr präpariert, er hat Leckerbissen wie Möhren- und Apfelstücke und hier und da einen Klecks Honig verteilt, meist an Stellen, die auch ein Pandabär nicht bequem erreichen kann. Und Meng Meng tut den Zuschauern den Gefallen. Sie turnt über die Holzbalken, klettert herum, dehnt und streckt sich, zeigt sich von allen Seiten – das gibt viele gute Fotos und tolle Filmchen für den Privatgebrauch.

„Oft sitzt Meng Meng den Besuchern zugewandt“, sagt Philine Hachmeister, „das ist ein Zeichen, dass es nicht die Besucher sind, die sie stören. Das kennt sie ja schon aus China.“ Für Abwechslung im Leben von Meng Meng sorgt auch das sogenannte Medical Training, also Übungen, die medizinische Zwecke zum Ziel haben. Meng Meng hat in den letzten Monaten viel gelernt, sagt Röbke: „Mir ihren Arm durch das Gitter aus dem Gehege herauszustrecken oder ihren Fuß, ich kann an ihren Bauch anfassen. Ich gucke mir ihre Zähne an, und demnächst fange ich an, Fieber zu messen … Es gibt jede Menge, dass man ihr noch beibringen kann.“

Das mit dem Bauch ist wichtig. Man sieht einem Pandaweibchen nicht an, wenn sie trächtig ist. Nur ein Ultraschall könnte eine Schwangerschaft bestätigen. Um das Tier dafür nicht in Narkose legen zu müssen, so Philine Hachmeister, „übt man das mit dem Bauch mindestens einmal täglich. Das macht ihr Spaß, das merkt man.“

Bis aus Übung Ernst wird, kann es allerdings dauern: Die schwarz-weißen Bären gelten sexuell als ausgesprochen träge. Nur einmal im Jahr, irgendwann zwischen Februar und Mai, so Hachmeister, hätten die Weibchen einen Eisprung – 24 bis 72 Stunden dauert dieser. Ein Pandababy wäre also wirklich eine Sensation.

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