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: Die Bahn hat Probleme auf ihrer neuen Paradestrecke

Auf der ICE-Rennstrecke zwischen Berlin und München waren in den ersten Tagen nach der Inbetriebnahme zwei Drittel der Züge verspätet. Weihnachtsverkehr lief trotzdem stabil

Das Neue

Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit (VDE8), die ICE-Strecke Berlin-München, ist 27 Jahre nach der Wende endlich in Betrieb gegangen – und hatte mit Startschwierigkeiten zu kämpfen. Zwischen dem 10. und dem 19. Dezember waren dort zwei Drittel aller Züge verspätet, wie eine Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion ergab. Die bundeseigene Deutsche Bahn bestätigte diese Angaben, wies aber darauf hin, dass in dieser Zählung alle Züge auftauchten, die sich um mehr als eine Minute verspäteten. Während der Weihnachtsfeiertage seien mehr als 90 Prozent der Züge auf dieser Strecke pünktlich gewesen.

Der Kontext

Die Schnellfahrstrecke Berlin-München über Halle/Leipzig, Erfurt und Nürnberg war von Anfang an umstritten, obwohl sie mit Fahrzeiten unter vier Stunden eine echte Alternative zum Flugzeug darstellt. Manch Planer hätte die Strecke lieber über Plauen oder Gera geführt, anstatt sie einen westlichen Knick durch den Thüringer Wald machen zu lassen, um Erfurt anzufahren. Die östlichere Route hätte Baukosten sparen und Fahrzeiten verkürzen können. Umweltschützer und Grüne favorisierten hingegen Züge mit Neigetechnik, die auf der alten Strecke durch das kurvige Saaletal hätten fahren können. Deshalb hatte die rot-grüne Bundesregierung das Projekt auch verzögert.

Nun ist die Strecke aber seit dem 10. Dezember dieses Jahres in Betrieb. Allerdings hatte die Bahn dort Probleme mit dem neuen europäischen Zug­sicherungssystem ETCS, die zu einigen Verspätungen und Zugausfällen führten. Mitte Dezember machten der Bahn auch Schnee und Eis zu schaffen; insbesondere Eisklumpen können schnell Züge beschädigen.

Für die Bahn gelten Züge als pünktlich, wenn sie nicht mehr als fünf Minuten Verspätung haben. In anderen Ländern, etwa Japan, gelten viel strengere Maßstäbe – und die Züge sind viel pünktlicher. Der Unterschied: Das japanische Hochgeschwindigkeitssystem Shinkansen ist komplett vom Nah- und Güterverkehr getrennt und fast durchgängig eingezäunt.

Die Reaktionen

Der Grünen-Verkehrsexperte Oliver Krischer kritisierte, jetzt räche sich, dass die Bahn in Prestigeprojekte und Weltkonzernambitionen investiert habe – und dabei ihr Kerngeschäft vernachlässige, „Menschen in Deutschland günstig, komfortabel und verlässlich von A nach B zu transportieren. Was nützen einzelne Hochgeschwindigkeitsstrecken und unterirdische Bahnhöfe, wenn ständig der Anschluss verpasst wird und bei der ersten Schneeflocke gleich das Netz zusammenbricht?“ Die Bahn brauche „mehr Investitionen in Alltagsinfrastruktur für mehr Verlässlichkeit“.

Die Konsequenz

Die Bahn hat nach eigenen Angaben im Vorfeld des aufkommensstarken Weihnachtsverkehrs mehr Personal eingesetzt und in Werkstätten Sonderschichten anberaumt, um Züge schneller wieder einsetzen zu können. Richard Rother

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