kritik der woche
: Ja, wo samma denn ?!

Ein dicker Bayer steht auf der Bühne und rapt, dann reißt er das T-Shirt hoch und man sieht ein riesiges Tatoo von Papst Benedikt auf seinem blanken Bauch. Das Publikum wiehert. Hach!, die Bayern!, verrückt. Es war die Deutschlandpremiere des Musicals „Bagdad Café“ in der Hamburger Kampnagelfabrik vergangenen Donnerstag.

„Bagdad Café“ ist das Muscial zum Film „Out of Rosenheim“, der Ende der 80er Jahre in der ganzen Welt gefeiert wurde. Der Film erzählt die Geschichte der stämmigen Bayerin Jasmin Münchgstettner (gespielt von Marianne Sägebrecht), die in einem gottverlassenen Café und Motel in der amerikanischen Wüste, dem Bagdad Café, ganz langsam Freundschaft schließt mit dessen schwarzer Besitzerin Brenda.

Der deutsche Filmemacher Percy Adlon hatte „Out of Rosenheim“ 1987 inszeniert, nun schrieb und inszenierte er auch das Musical zum Film – und man fragt sich entgeistert, warum. Denn das einzige, was an dem Musical berührt, ist die amerikanische Sängerin Jevetta Steele. Sie spielt die Motel-Besitzerin Brenda – und alle anderen Darsteller an die Wand. Ihre volle Gospel-Stimme, ihr Timing lassen einen voller Andacht zurück.

Indes, die meisten Songs des Stücks sind belanglos, nur ein Lied begleitet einen summend durch die Nacht: „Calling you“ – der Titelsong von „Out of Rosenheim“ und 1988 für einen Oscar nominiert. Ärgerlicher noch als die Musik ist der Grundton des Musicals: „Ja, do geht’s zua, na saubär“, poltert Jasmin-Darstellerin Sissy Staudinger – bayerische Mundart zur schenkel-klopfenden Belustigung des norddeutschen Volkes. Jasmin ist die laute „ja, wo samma denn“-Bayerin, Brenda das Klischee der schwarzen Big Mama. Von der Geschichte über einsame, skurrile Menschen, die an einem von der Welt vergessenen Ort Freunde finden und diesen Ort warm und lebendig machen, bleibt einzig die Musical-Botschaft: Freundschaft überwindet alle Grenzen, oh yeah.

Völlig verstören dann die spärlichen Tanz-Einlagen des Stücks: Die Tochter von Brenda muss mit ihren Freunden für die unumgänglichen Breakdance- Darbietungen sorgen. Doch die sind nicht synchron und wirken wie die gerade erlernten Schritte der Mittelstufen-AG „Hip-Hoppen“ aus einem Vorort-Gymnasium. Am schlimmsten aber ist, dass all dies überhaupt nicht zusammen passt: Aus lieblosen Liedern, platten Witzen, einem reduzierten Plot und willenlosem Getanze will einfach kein Stück werden. Einzige Erkenntnis des teuren Abends: Man sollte mal zu einem Konzert von Jevetta Steele gehen. Dorothea Siegle

Vorstellungen: Bis 18. 9. auf Kampnagel, Hamburg; 20.-25. 9. im Musical Theater, Bremen