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Zum Glück gibt es das Ehrenamt

Krisen sind immer mit Leiden verbunden. Gut ist, wenn es Hilfe vor Ort gibt – oder ein Domizil, das ein Rundumpaket bietet

Von René Hamann

Der herabschauende Hund, der Sonnengruß, der Baum, die Schildkröte: Asanas, also Stellungen, Übungen beim Yoga. Die lange in die alternative Esoterikecke gesteckte Praxis, eine Mischung aus Entspannungsübungen, Meditation und Gymnastik, ist heutzutage nicht mehr wegzudenken aus der Ausgleichs- und Freizeitgesellschaft. Denn: Wer werktags viel sitzt, sich insgesamt wenig bewegt und trotzdem sehr im Stress ist (davon können Journalist*innen ein Liedchen singen) – der kann sich morgens oder abends strecken und recken, dehnen und sehnen, nach Anleitung oder auch ohne. Yoga ist besser als jedes Abo fürs Fitnessstudio, denn es baut nicht nur auf, sondern gleicht auch aus. Es ist Balsam für Körper und Seele.

Inzwischen gibt es Yogakurse für jedermann und jedefrau, egal welchen Alters – es gibt Yoga für Babys, Yoga für Schwangere, Yoga für Kids und Yoga für Senioren. Es gibt Spaßyoga für Hipster – zum Beispiel das Bieryoga, das Jhula in Berlin anbietet (bieryoga.de). Yogakurse – von Hatha Yoga bis Hormon Yoga – gibt es in fast jeder Kleinstadt; ein Blick in den örtlichen Anzeiger genügt. Meist kostet so ein Yogakurs ein wenig Geld. Manchmal läuft aber auch hier vieles ehrenamtlich, besonders, wenn der Träger eine öffentliche Einrichtung (zum Beispiel der Kirche) ist.

In Bad Saarow in Brandenburg, vor den Toren der Hauptstadt, befindet sich zum Beispiel das Sukhavati. Das ist das erste buddhistische Zentrum für Spiritual Care in Deutschland, ein Modellprojekt, das 2016 eröffnet wurde. Gegenwärtig wird dort ein solches Ehrenamt eingerichtet. Das Ganze läuft unter dem Motto „Handeln und Arbeiten als spirituelle Praxis“ – könnte aber auch umgekehrt heißen: Spiritualität als ehrenhafte Arbeit. Und wo es ums Gute geht, sind helfende Hände und Körper gern gesehen – solange das Geld für normal bezahlte Arbeit nicht hinreicht. Und da geht es keinesfalls nur darum, Yogamatten auszurollen oder frischen Tee aufzusetzen. Im Gegenteil. Es geht nach Angaben der Einrichtung darum, eine erweiterte Kultur der Lebens-, Krisen- und Sterbebegleitung zu verwirklichen. Sukhavati will Menschen helfen, eine Lebenskrise als Chance für einen Perspektivwechsel und eine Neuorientierung zu nutzen. „Burn-out, Verlust, Krankheit, Sterben – Krisen sind immer mit Leiden verbunden. Aber es sind auch Umbrüche, die auf Neues verweisen“, so steht es auf ihrer Webseite. Dabei setzt das Haus weniger auf Yoga, sondern mehr auf Meditation; dazu gibt es Vorträge und Seminare, Meditationsabende und Retreats.

Und ein gemeinschaftliches Wohnen, das seine Inspiration aus der Spiritualität zieht. Der soziale Aspekt ist dabei sehr wichtig: So können die Pflegekosten über die Krankenkassen laufen; die Zimmer werden großteils zu subventionierten Bedingungen angeboten, sodass die persönliche finanzielle Situation kein Hinderungsgrund für einen Aufenthalt sein muss.

Es muss natürlich nicht immer die Einrichtung sein, manchmal ist Selbsthilfe schon völlig hinreichend. Und Yoga, wie gesagt, kann gut tun. Im Netz finden sich allerlei Anweisungen – Vorführclips, Erklärungen, Tipps. Wer aber den sozialen Aspekt bevorzugt, dem sei mit Shantideva gesagt: „Was immer es an Freude gibt auf der Welt, alles entsteht aus dem Wunsch nach dem Wohl der Anderen.“

Mehr Info unter sukhavati.eu