Am besten zusammen mit dem Publikum

Während so manche Verleger vermeintlich goldenen Zeiten nachtrauern, erfreut sich die taz regen Interesses ihrer Leser*innen. Warum?

Warum um alles in der Welt überlebt die wirtschaftlich stets klamme taz?

Von Andreas Bull

Das klassische Geschäftsmodell der Presseverlage war eine vergleichsweise übersichtliche Angelegenheit. Um die erstrebte Rendite zu erzielen, hatte man innerhalb des Establishments nur mit einer überschaubaren Anzahl potenter Marken und Anzeigenagenturen zu kommunizieren. Mit den Erlösen aus den abgedruckten Anzeigen konnten nebenbei Texte von Journalisten bezahlt, Recherchen finanziert und Redaktionen unterhalten werden. Das Lesepublikum spielte eine Rolle als abstrakte Reichweite von Konsumenten. Vorbei. Aus und vorbei.

Seit einigen Jahren sind die Anzeigenkunden, verlockt durch die unendlichen Möglichkeiten und gezielten Ausforschungsalgorithmen der digitalen Medien, weitergezogen, publizieren in eigenen Magazinen, werben auf diversen digitalen Kanälen oder mittels Schleichwerbung. Zeitungsanzeigen sind out und Anzeigen auf den Internetseiten der Zeitungen bringen allenfalls „lousy pennies“ (Zit. Hubert Burda).

Ein bisschen verwundert reibt sich die Branche die Augen. Warum um alles in der Welt überlebt die bekanntermaßen wirtschaftlich stets klamme taz diese Disruption der Verhältnisse, bei der selbst die großen Marktteilnehmer wie Springer sich ihre Blätter, bspw. Welt und Bild, nur mehr zur politischen Pflege des Marktumfelds halten und ihr Geld heute eher mit pressefernen Onlinedienstleistungen verdienen.

Die Antwort ist nicht schwer. Die taz hat nicht nur ein Publikum, sie gehört ihrem Publikum, die Leser*innen hatten von Anfang an das Geschick ihrer, unserer Zeitung in der Hand und haben in einigen existenziellen Krisen das Überleben gesichert. Diese Gemeinschaft von Zeitunglesenden und Zeitungmachenden lebt, weil miteinander und durchaus auch kontrovers kommuniziert wird, etwa zu umstrittenen Anzeigen (Stichwort: Bundeswehr). Die Auseinandersetzung mit den Lesenden hat bei der taz einen unvergleichlich hohen Stellenwert.

Wie erfolgreich ein enges Verhältnis zur Kundschaft sein kann, zeigt auch unser nahezu einzigartiges Bezahlmodell „taz zahl ich“, in dem die Redaktion mit regelmäßig überwiesenen Beiträgen unterstützt wird, damit die digital auf taz.de publizierten Beiträge für alle kostenfrei angeboten werden können. Über 11.000 Menschen machen da bereits mit. Und dies freiwillig. So etwas funktioniert nur, wenn es einen berechtigten Grund für Vertrauen und Glaubwürdigkeit gibt.

Nicht nur die Mitglieder der taz Genossenschaft, sondern alle Leser*innen der taz kriegen früher oder später mit, dass die sorgfältig bearbeiteten Geschäfte der taz nicht der Bereicherung des Managements, sondern dem Erhalt und der Entwicklung des von den Einflüssen der Geschäfte unabhängigen Journalismus dienen.

Diese Sorgfalt wenden wir auch bei der Abowerbung an. Mit der jüngsten Kampagne, in der wir seit August erst für die besondere Berichterstattung der Redaktion zur Bundestagswahl und dann für das Ausprobieren der taz in dem seit dem 2. Oktober neuen Layout warben, haben wir bisher rund 7.919 neue Abonnent*innen von uns überzeugen können. Zwei Grundüberlegungen waren dabei besonders wichtig: wir wollten einen günstigen Einstieg anbieten, damit die Entscheidung zum Testen des Inhalts der Zeitung möglichst leicht fällt. Aber wir wollten auch unsere kommunikativen Möglichkeiten nutzen, um die frischen Abonnent*innen zu überzeugen, ihr Abo nach dem Test nicht abzubrechen. Und so erhält jedeR neue Abonnent*in rechtzeitig vor dem Ende der Testphase einen Brief von uns, in dem wir das Verfahren erläutern. Der Testzeitraum ist mit 10 Wochen lang genug, um sich ein umfassendes Bild von der Leistung der Redaktion machen zu können. Kürzlich haben wir die Reak­tio­nen von den ersten 2.355 Bestellungen auswerten können, bei denen der Testzeitraum also schon abgelaufen ist.

Insgesamt sind aus den Test­abos 386 voll bezahlte unbefristete Abonnements geworden, eine Quote von 16,4 Prozent. Auffällig dabei ist, dass sich überdurchschnittlich viele (Fortsetzungsquote 28 Prozent!) für das Kombiabo entschieden haben, bei dem die taz am Wochenende gedruckt und unter der Woche als ePaper berechnet wird. Der Preis dafür ist mit 29,90 Euro pro Monat günstig und bringt gleichzeitig aus unserer Sicht einen guten Deckungsbeitrag für die Arbeit der Redaktion. Optimal also.

Man könnte hier einwenden, 16 Prozent seien wenig. Doch wer die Kennziffern der Branche kennt, weiß den Erfolg zu schätzen. Zudem handelt es sich bei der ausgewerteten Gruppe um jene, bei denen wir mit dem Argument „Besondere Berichterstattung zu den Bundestagswahlen“ auftraten. Wir rechnen damit, dass sich diese Quote bei den frischen Abos, die das neue Layout kennen und schätzen lernen konnten, noch um einiges verbessert. Auf jeden Fall, das lässt sich jetzt schon sagen, werden wir ziemlich gute Startbedingungen für das Jahr 2018 errungen haben, in dem wir beginnen können, das 40. Jahr nach der Gründung der taz zu feiern. Und Sie feiern hoffentlich mit.

Andreas Bull hat als taz-Geschäftsführer schon viele Abokampagnen erlebt.