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: Gericht stoppt vorläufig Rodung im Hambacher Forst

Das Oberverwaltungsgericht Münster verhindert erst mal die geplanten Abholzungen fürden Braunkohle-Tagebau. Unterdessen wird über den Einsatz von Pfefferspray debattiert

Das Neue

Die Rodungen im Hambacher Forst bei Aachen sind gestern Abend vorerst gestoppt worden. Das Oberverwaltungsgericht Münster hat mit einer „Zwischenentscheidung“ das Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet sicherzustellen, dass der Energiekonzern RWE ab Dienstag 18 Uhr „von weiteren Rodungs- und Abholzungsmaßnahmen absieht“. Das erklärte die Pressestelle des Gerichts.

Der Kontext

Ab Montag hatte RWE begonnen, im umstrittenen Wald Bäume zu fällen, um Platz für die Erweiterung des Braunkohle-Tagebaus Hambach zu schaffen. Dort haben sich rund hundert Protestierer unter anderem in Baumhäusern und Barrikaden verschanzt, um gegen den weiteren Ausbau der klimaschädlichen Braunkohle zu demonstrieren. Eine Klage des Umweltverbandes BUND gegen die Rodungen war am Wochenende abgelehnt worden. Gleich darauf hatte RWE die Sägen losgelassen, allerdings vorerst in dem Bereich, wo sich keine Protestierer aufhalten. Nun hat das Oberverwaltungsgericht einen „Hängebeschluss“ erlassen, der als vorübergehende Regelung eine Entscheidung im Eilbeschwerdeverfahren ermöglichen soll. „Angesichts des komplexen Sachverhalts“ und „zur Vermeidung irreversibler Zustände“ wollen die Richter auf diese Weise „effektiven Rechtsschutz gewährleisten“. In der Hauptsache, betont das Gericht, habe das Verwaltungsgericht die Klage allerdings abgewiesen.

Die Reaktionen

Bei den Protesten war es vorher zu einer Debatte über den Einsatz von Pfefferspray durch die Polizei gekommen. Videos im Internet zeigen den massiven Einsatz des Reizgases gegen DemonstrantInnen. Die Begründung der Polizei: Man habe versucht, das Eindringen von Protestierern in das Rodungsgebiet zu verhindern, die Demonstrierenden hätten zuvor Steine geworfen, allerdings keine Polizisten verletzt. Nadine Welp, Sprecherin der Polizei Aachen, erklärt, die Polizei habe die AktivistInnen im Vorfeld vor dem Einsatz von Pfefferspray gewarnt. Auch hätte es sich bei der Situation nicht mehr um eine friedliche Demonstration, sondern um Hausfriedensbruch gehandelt. Der Bereich sei klar als Sperrgebiet gekennzeichnet gewesen. Sprecherin Welp erklärt: „Wir setzen auf Dialog und Deeskalation, nutzen aber das Spray auch, um Menschen auf Distanz zu halten.“

Nira, Sprecher der Besetzerszene, der seinen vollen Namen nicht veröffentlichen will, konnte den Vorwurf nicht bestätigen. „Wenn es zu Steinwürfen gekommen sein sollte, dann muss das etwas abseits geschehen sein“, erklärt er der taz. Die Gruppe der Demonstrierenden sei sehr heterogen, was die Akzeptanz von Gewalt angehe. Sachbeschädigung würde von vielen als legitimer Widerstand betrachtet. Allerdings könnte es auch zu Steinwürfen gegen schwer gepanzerte Polizeibeamten kommen. „Das dient dem Selbstschutz. Niemand wirft Steine mit der Absicht, Menschen zu verletzen“, sagt Nira. Bei der dicken Panzerung der Beamten könne nach seiner Einschätzung wenig passieren. (bpo, ldö)