Im Zickzackkurs

Die Präsidenten von Südkorea und den USA schmeicheln einander – obwohl sie in Sachen Nordkorea konfligierende Positionen vertreten

Aus Seoul Fabian Kretschmer

Man könnte die Harmoniesucht der südkoreanischen Parlamentarier auch verlogen nennen: Praktisch durch alle politischen Fraktionen hinweg applaudierten sie 22-mal während Trumps 33-minütiger Rede in der Nationalversammlung am Mittwoch. Am Ende ehrten sie den US-Präsidenten gar mit Standing Ovations. Währenddessen sorgten 18.600 Polizeikräfte vor den Toren des Parlaments dafür, dass die Gegendemonstranten nicht die Fernsehbilder der interna­tio­nalen Presse störten.

Taktisch klug schmeichelte Trump in seiner Rede der südkoreanischen Volksseele, indem er die Errungenschaften des Tigerstaats der letzten 70 Jahre aufzählte: Aus eigener Kraft schafften es die Koreaner, nach Dekaden brutaler Militärherrscher Demokratie einzufordern; ebenso erhob sich das einst bitterarme Land zu einer der wohlhabendsten Volkswirtschaften.

„Vielleicht hätte selbst ein Südkoreaner das nicht so schön festhalten können“, sagte später Südkoreas – wohl gemerkt linksgerichteter – Premierminister Lee Nak Yon. Sein Parteikollege und Präsident Moon Jae In stimmte unisono in die Charme-Offensive mit ein: Mit Trump verbinde ihn eine „besondere Bindung“. Ebenso befand er, dass Trump große Fortschritte gemacht habe, „Amerika wieder groß zu machen“.

Dabei vertraten die beiden Staatschefs in der Vergangenheit in ihrer Haltung gegenüber Nordkorea durchaus konfligierende Haltungen. Umso mehr wurden Trumps Botschaften gen Pjöngjang erwartet. Doch letztlich lassen sich diese am ehesten als oszillierender Zickzackkurs beschreiben: Im Vorfeld seiner Asienreise verhöhnte er noch jegliche Verhandlungsbemühungen mit Nordkorea als Zeitverschwendung, nur um am Dienstag bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Südkoreas Präsidenten Moon genau dies einzufordern.

Am Mittwoch schließlich wechselte er in einen dritten Redemodus – eine Art kontrollierte Eskalation. So richtete Trump erneut direkte Warnungen an Nordkoreas Diktator Kim Jong Un, ohne jedoch in verbale Entgleisungen à la „kleiner Raketenmann“ zu verfallen. Dies scheint wohl der Erfolg seiner Berater, die Trump ganz offensichtlich dazu anhielten, fast sklavisch nach Manuskript zu sprechen.

Am authentischsten wirkte Trump während seines Südkorea-Besuchs in seiner Rolle als tougher Geschäftsmann. Stolz kündigte er an, seinen Gastgebern mehrere F-35- Kampfflugzeuge, Apache-Helikopter und Radarsysteme zu verkaufen. Auf diesem Wege könne Südkorea den Handelsüberschuss gegenüber den USA wieder gutmachen. Überhaupt betonte der US-Präsident, dass die Südkoreaner für die Militärpräsenz der Schutzmacht künftig tiefer in die Tasche greifen müssten.

Es war vor allem ein mutiger, koreanischer Reporter, der Trump während seines Seoul-Besuchs Paroli bot: So machte er ihn während der Pressekonferenz darauf aufmerksam, dass das Camp Humphreys, das derzeit 70 Kilometer von Seoul errichtet wird – die größte Militärbasis der Amerikaner im Ausland –, zu über 90 Prozent vom koreanischen Steuerzahler geschultert wird. Immerhin kostet das Bauprojekt knapp 11 Milliarden Dollar. Trump ließ den Reporter abblitzen: Er könne versichern, dass er die Basis auch billiger hätte bauen können.