Gleiche Chancen für Splitterparteien

Der NRW-Verfassungsgerichtshof kippt 2,5-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen

Aus Münster Andreas Wyputta

Die in Nordrhein-Westfalen geltende 2,5-Prozent-Hürde bei Kommunalwahlen ist verfassungswidrig. Das hat der NRW-Verfassungsgerichtshof am Dienstag entschieden. Die Sperrklausel verstoße gegen das Prinzip der „Wahlrechtsgleichheit“, so die Vorsitzende Richterin Ricarda Brandts: „Jede Stimme muss den gleichen Einfluss auf das Wahlergebnis haben.“

SPD, CDU und Grüne hatten die 2,5-Prozent-Hürde 2016 beschlossen und dazu sogar die Landesverfassung geändert. Abgeordnete der drei Parteien begründeten das mit einer „Funktionsunfähigkeit“ der Räte und Kreistage: In manchen Großstädten seien mehr als zehn Gruppierungen im Rat vertreten. Diese Zersplitterung führe zu Endlosdiskussionen und Mammutsitzungen – und dadurch werde es schwierig, BürgerInnen zu finden, die sich ehrenamtlich im Rat engagierten.

Die Piraten sprachen dagegen von einem „Demokratieabbaugesetz“ – und zogen wie die Linke, die Freien Wähler und andere kleine Parteien vor den Verfassungsgerichtshof. Vertreter von Linkspartei und Piraten zeigten sich zufrieden mit dem Urteil. Der Verfassungsgerichtshof habe der „Arroganz der Macht“ von CDU, FDP und Grünen „einen Riegel vorgeschoben“, sagte der Sprecher der NRW-Linken, Christian Leye. Auch der ehemalige Piraten-Fraktionschef Michele Marsching betonte: „Wir haben immer gesagt, dass für die Einführung der 2,5-Prozent-Hürde jede Begründung fehlt.

Eine fehlende konkrete Begründung zur Einführung der Sperrklausel kritisierten auch die VerfassungsrichterInnen: Dass es nach dem Wegfall der bereits 1999 für verfassungswidrig erklärten Fünfprozenthürde bei Kommunalwahlen zu „Funktionsstörungen“ der Räte gekommen sei, werde „zwar behauptet, nicht aber in nachvollziehbarer Weise anhand konkreter empirischer Befunde belegt“, monierten sie.

Der Landtag muss nun vor den Kommunalwahlen 2020 über eine Aufhebung der 2,5-Prozent-Klausel entscheiden. Auf die Fünfprozenthürde bei Landtags- und Bundestagswahlen hat das Urteil keine Auswirkungen.