Tricksereien beim Kraftstoffverbrauch: Die Spritschlucker

NeuwagenkäuferInnen haben es ziemlich schwer: Der angepriesene Verbrauch stimmt immer weniger mit der Realität überein.

ein silberner Sportwagen

2000 BMW Z8: Schickes Auto – aber der Kraftstoffverbrauch? Foto: ap

BERLIN taz | Autofahrer und Autofahrerinnen, die sich einen Neuwagen leisten können oder wollen, kennen es seit Langem: Der durchschnittliche Verbrauch des Fahrzeugs, den die Hersteller in ihren Prospekten angeben, ist viel geringer als der in der Realität auf der Straße. Nun hat eine neue Studie der Umweltorganisation ICCT ergeben, dass moderne Neuwagen im Schnitt 42 Prozent mehr Kraftstoff verbrauchen als von den Herstellern angegeben. Vor vier Jahren hat die Differenz noch bei 25 Prozent gelegen. Für die Studie waren die Daten von 1,1 Millionen europäischen Autos ausgewertet worden.

Warum ist das überhaupt ein Problem? Mögen die blöden Automacker, die mit ihren Karren die Luft verpesten, doch mehr Sprit tanken müssen, als sie beim Kauf glauben, denken vielleicht passionierte urbane Radler und Radlerinnen. Nun, da ist einerseits etwas Wahres dran. Andererseits gilt: Niemand wird gerne verarscht, und auch beim Kauf eines Autos muss drin sein, was draufsteht.

Deshalb war es ein Skandal, dass die Autoindustrie bei der Abgasreinigung von Dieselfahrzeugen jahrelang betrogen und getrickst hat. Im Labor, beim offiziellen Test, wurden die Abgasnormen beim Ausstoß der gesundheitsschädlichen Stickoxide eingehalten, aber in der Realität wird ein Vielfaches des giftigen Gases herausgepustet.

Im Vergleich dazu ist die Differenz zwischen Soll und Ist beim Verbrauch – und damit beim Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids – geradezu gering. Sie entsteht, weil bei der offiziellen Verbrauchs­ermittlung mit Labormethoden gearbeitet wird, die mit der Realität nicht viel zu tun haben; ab nächstem September werden die Methoden endlich näher an der Wirklichkeit sein. Das macht dann auch die Bedingungen beim Gebrauch von Elektroautos transparenter; hier entsprechen derzeit die im Labor gemessenen Reichweiten bei Weitem nicht der Fahrleistung, die ein E-Auto mit einer Batterieladung auf der Straße schafft.

Das Image zählt

Letztlich geht es ums Prinzip: Unterschiedliche Autos müssen miteinander vergleichbar sein. Nur so gibt es fairen Wettbewerb zwischen den Herstellern, und nur so können Interessierte einen Preis-Leistungs-Vergleich anstellen. Manch ein Autofahrer würde sich vielleicht vom Kauf eines Spritschluckers abschrecken lassen und ein sparsameres Fahrzeug zulegen, würde er die Fakten kennen.

In Wahrheit ist für viele Autokäufer und -käuferinnen der Verbrauch aber nur einer von vielen Faktoren, die bei der Fahrzeugwahl eine Rolle spielen. Wichtiger sind oft Leistung, Geschwindigkeit, Größe, Ausstattung, Komfort, Farbe – und natürlich das Image. Wer in der Nachbarschaft oder auf dem Firmenparkplatz protzen will, kauft sich einen deutschen Premiumwagen. Und wer aufs Geld gucken muss oder will, könnte sich auch mit einem rumänischen oder koreanischen Günstigauto begnügen, auch wenn dieses mehr verbraucht als ein vergleichbares Auto aus inländischer Produktion.

Letztlich geht es ums Prinzip: Autos müssen vergleichbar sein

Aber selbst das kann sich rechnen. Dann nämlich, wenn über die gesamte Lebensdauer des Autos die niedrigeren Anschaffungskosten nicht durch die höheren Treibstoffkosten aufgefressen werden. Rationale Käufer und Käuferinnen berücksichtigen zudem weitere Faktoren wie Versicherungsklasse, Reparaturanfälligkeit, Wertverfall.

Wer sich ein Auto zulegen will, muss also einiges bedenken. Die Beantwortung der wichtigsten Frage aber, die sich jeder Verbraucher und jede Verbraucherin vor dem Erwerb eines jeden neuen Produkts stellen sollte, gilt beim teuren und Ressourcen verschlingenden Auto verschärft: Brauche ich es wirklich?

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