Sauna-Abc

Das Aufgusswasser muss auf die Steine spritzen, wie ein Schaf pisst. In Whirlpools füßelt’s sich gut. Mixed schwitzen ist recht deutsch

Aufguss. Das Highlight für viele –>Saunagänger. Beim Aufguss nimmt ein Saunameister eine Löylykelle („Löyly“ ist finnisch und heißt „Dampf“) zur Hand und gießt Wasser auf 400 bis 500 Grad heiße Steine. Das Wasser, mit Aromen wie Fichte, Latschenkiefer oder Menthol versehen, verdampft. Die Luftfeuchtigkeit in der Sauna steigt kurzzeitig um bis zu 30 Prozent. Mit einem –> Wacheltuch verteilt der Saunameister den heißen Dampf, ein kurzer, heftiger Hitzeschwall erreicht die Saunierenden.

Brille. Beschlägt in der Sauna. Nicht gut. Besser: Kontaktlinsen. Anders als auf den Brillengläsern bildet sich keine Tröpfchenschicht auf ihnen.

Caldarium. Ein Dampfbad, das es bereits zur Zeit der römischen Therme gab. Meist sind Calendarien heute gefliest, die Temperatur ist mit 40 bis 50 Grad niedriger als in der Sauna. Luftfeuchtigkeit: fast 100 Prozent.

Das einzige finnische Wort, das sich in mindestens 80 Sprachen der Welt findet, lautet: Sauna.

Etikette. Elementar in der Sauna, zumal in Deutschland. Keine Badeklamotten tragen, kein Schweiß aufs Holz, keine Adiletten mit in die Sauna nehmen, im –>Ruheraum maximal Flüsterlautstärke, beim –> Aufguss herrscht Ruhe: nur einige Regeln, die man als Saunagänger draufhaben sollte. Zumal in Deutschland.

Finnische Sauna: der Klassiker. Holzgetäfelt. 80 bis 100 Grad heiß. Die Finnen gelten als Erfinder der Sauna – allerdings soll es in der –> Steinzeit im ostasiatischen Raum schon saunaähnliche Bräuche gegeben haben. Die Saunakultur wurde wohl von Nomaden ins heutige Finnland importiert.

Gewichtsverlust. Ein Mythos. Fett schwitzt sich nicht weg. Ein paar hundert Gramm Wasser verliert man in der Sauna. Die sollte man aber besser durch Trinken wieder reinholen.

Hammām. Das Dampfbad im arabischen, türkischen und persischen Kulturraum. So etwas wie die nahöstliche Variante des –> Caldariums. Heute meist Ort zur Rundumkörperpflege – Rasur, Massage, Peelings und Hautpflege („Kese“) inbegriffen. Die ersten Hammāms gab’s im –> Mittelalter im heutigen Jordanien.

Irrtümer. Gibt’s in Sachen Sauna viele. Zum Beispiel –> Gewichtsverlust. Noch ein Irrtum: der Hitzschlag. Denn der menschliche Körper passt sich seiner Umgebung gut an, das Schwitzen ist die natürliche Maßnahme des Körpers, um ein Überhitzen zu verhindern. Erst wenn dies nicht mehr funktioniert, droht ein Hitzschlag – bei Saunagängen von 8 bis 15 Minuten sehr unwahrscheinlich.

Japanische Sauna: Die Japaner verbinden den Saunagang mit einer Waschzeremonie. Man übergießt den Körper mit heißem Wasser, mal pur, mal mit Ölen versetzt. So reinigt man sich vom Alltagsstress. Für uns eher ungewöhnlich: In japanischen Saunen sind oft Fernseher an der Wand angebracht.

Kneippbecken. In der Sauna werden Kneipp’sche Heilmethoden – der Wechsel zwischen heißen und kalten Reizen – angewendet, also mit einem Gang ins kalte Kneippbecken oder Abspülen mit dem Kneippschlauch. Wassertemperatur des Abkühlbeckens in der Sauna: auf jeden Fall unter 18 Grad.

Lenkkimakkara. Sauna und Fleisch gehören für die Finnen zusammen. Deshalb gibt es auch eine spezielle Saunawurst, die „Lenkkimakkara“. Fleischwurst wird in Alufolie auf dem Saunaofen erhitzt, man isst sie mit Tomaten, Käse und viel Senf.

Mittelalter. Ihre größte Krise durchliefen Saunen und ähnliche Bäder im Mittel­alter. Die christliche Kirche stellte diese Orte als Refugium heidnischer Unzucht dar. Erst im 20. Jahrhundert erlebte die Sauna ein Comeback in Europa.

Nacktheit. In Deutschland ist Nacktheit ein Muss in der Sauna – im angelsächsischen Raum und in den katholisch geprägten Ländern Südeuropas ist Textilfreiheit dagegen ein No-Go. Dass Mann und Frau gemeinsam in die Sauna gehen, gibt es so fast nur im deutschsprachigen Raum. Auch die Finnen gehen nie mixed schwitzen – es sei denn, die Saunierenden gehören zur engsten Familie.

Onsen. So nennt man die japanischen Bäder, meist verbunden mit –> japanischen Saunen. Werden gerne an und über heißen Quellen gebaut. Ähnlich wie in Finnland gelten auch in den japanischen „Onsen“ strenge ­Benimmregeln (für Deutschland –> Etikette), schließlich handelt es sich um (quasi) heilige Stätten. In Onsen sind in der Regel sogar Tattoos verboten – es sei denn, man klebt sie ab oder verhüllt sie.

Politik. Kann man auch in der Sauna machen. Der finnische Staatspräsident Urho Kekkonen (regierte von 1956 bis 1981) lud für schwierige bilaterale Gespräche jedenfalls gern mal in seine Privatsauna. Dass Kekkonen auch den damaligen sowjetischen Präsidenten Nikita Chruschtschow in der Notenkrise 1961 bei Gesprächen in der Sauna beschwichtigen konnte, gehört aber eher ins Reich der Fabel. Dafür war Kekkonen ein –> Aufguss-Kenner: „Das Aufgusswasser muss so auf die Steine spritzen wie ein Schaf pisst“, soll er mal gesagt haben.

Quasseln. Sollte man in der Sauna nicht so viel. Siehe –> Etikette.

Ruheraum. Der Ort, an dem das –> Quasseln gemäß der Sauna-–>Etikette untersagt ist. Schnarchen wird widerwillig geduldet. Meist mit Liegen und Decken ausgestattet. Chillig.

Schwulensauna. Mann-männliche Sexualkontakte gab es in der „Schwüle“ von Badehäusern oder in den –> Hammāmsdes Mittleren und Nahen Ostens schon immer. Saunen aber, in denen Sex zwischen Männern explizit gestattet ist, gibt es erst seit der Gay Liberation der späten sechziger Jahre in jenen zumeist westlichen Industrieländern, in denen Homosexualität legalisiert wurde. Fast immer gibt es in Schwulensaunen eine (cruisy) Dampfsauna, Trockensauna und einen größeren Whirlpool, in dem gerne zwecks Kontaktanbahnung gefüßelt wird. Zur Zeit der Aidskrise stand diese schwule Errungenschaft schwer unter Beschuss. Weltweit wurden viele der Saunen geschlossen. Auch in Bayern, wo teils Kabinentüren ausgehängt wurden, damit es „da drin nimmer so gmüatlich“‚ sein solle für Schwulen (Peter Gauweiler im Spiegel 4/1986). Heute sind Schwulensaunen sehr beliebt als Ort für Wellness, Sex und Entspannung. Zu essen gibt’s leider fast immer nur Dosensuppen.

Totenwäsche. In Finnland erledigte man bis ins 20. Jahrhundert sogar die Totenwäsche in der Sauna. Das Leben begann allerdings auch heiß: Finnische Frauen gebaren früher häufig innerhalb der vier Holzwände.

Ursaunen. Die Saunavorform aus der Steinzeit. Die Dampfbäder sollen in Erdhöhlen gewesen sein: Steine wurden dabei im Feuer erhitzt und danach mit Wasser übergossen.

Vihta. Ein Birkenzweig. In Finnland und Russland peitscht man damit in der Sauna die Haut leicht, um die Durchblutung anzu­regen. Ist nichts Sexuelles. Zumindest nicht primär.

Wacheltuch. Das Handtuch, das der –> Saunameister während des Aufgusses zum Wedeln der Luft verwendet, nennt sich Wacheltuch. „Wacheln“ ist Bayerisch-Österreichisch für „fächeln“.

XXL-Sauna: Sinsheim hat nicht nur einen Fußballverein, Sinsheim hat auch die weltweit größte Sauna. Die dortigen Thermen sind jedenfalls mit 166,10 Quadratmetern und Platz für 150 Personen offizielle Guinness-Buch-Rekordhalter.

Yleinen Sauna. So nannten sich öffentliche Saunen in Finnland zur Zeit der Industria­lisierung. Weil im 19. Jahrhundert immer enger gebaut wurde und das Brandrisiko zu hoch war, schuf man große öffentliche Stadtsaunen. Sie wurden zu einem Treffpunkt der Arbeiterklasse.

Zahlen. In Deutschland zählt man rund 2.300 öffentliche Saunabetriebe. Zum Vergleich: 5,4 Millionen Finnen teilen sich zwei bis drei Millionen Saunen. Schätzen zumindest die Finnen.

Lisa Dittmer, Jens Uthoff.

Mitarbeit: Martin Reichert