Hoffnungsloser Kunsträuber

Damals, so 2003, hatten wir in der autonomen Konzertgruppe große Bauchschmerzen bei der Anfrage der Band Saalschutz und lehnten ab. Schade, das wäre sexy gewesen. Haben wir damals leider nicht gerafft. Von Sexyness und Humor hatten wir eh keine Ahnung. Das Duo Saalschutz aus Zürich machte bis zu seiner Auflösung in diesem Jahr Elektropunk. Früher ging das mehr in Richtung schrottige 8-Bit-Disco, später wurde der Ballermannsound offensiv affirmiert. In den mit charmantem Schweizer Akzent gesungenen Texten trifft Blödsinn auf großmäulige Prollerei.

Ihre erste Platte enthält einen Song mit dem Titel „Leerer inhaltsloser Ausdruck“, darin werden zwei Geschichten erzählt: die eines erfolglosen Flirts – und die eines phantasierten Kunstraubes:

„Ich fragte sie: ‚Kennst du dich bei Kunst aus?‘/

Dann gestand ich ihr: ‚Ich plane einen Kunstraub.‘/

Ich sagte ihr: ‚Ich frage dich/

welche Kunst ich rauben soll, und welche Kunst nicht.‘/

Ich fragte sie: ,Stimmt es, dass du was von Kunst weißt?‘/

Sie sagte mir: ‚Ich bewege mich/

im entsprechenden Dunstkreis.‘/

Ich sagte dann zu ihr: ‚Komm wir gehn zu mir.‘/

Sie fragte: ‚Um über Kunst zu diskutieren?‘“

Man kann es sich fast bildlich vorstellen, da sitzt diese wunderschöne, elegante Frau, die Arme verschränkt, höflich, aber distanziert, besitzt Distinktionswissen, oder tut zumindest so. Und da ist er, beeindruckt und ohne etwas, das er ihr anbieten kann, faselt er vor sich hin. Ihr betörend emotionsloser Part „Um über Kunst zu diskutieren“, zigmal wiederholt, lässt ihn abprallen. Sie weiß schon, der Kunstraub, der ist und bleibt eine Fantasie dieses Aufschneiders. Für ihn ist die Kunst genauso unerreichbar und rätselhaft, wie die Frau es bleiben wird.

John Peel, der legendäre Londoner Radio-DJ, spielte 2003, ein Jahr vor seinem Tod also, den Song in seinen „Peel Sessions“. Der autonomen Konzertgruppe war er damit weit voraus. Den Reichen was klauen, das hätte wir nämlich schon gut gefunden, klar. Und einmal mehr bewiesen, dass wir nichts verstanden haben. Hannah Wolf