heute in hamburg
: „Die Epoche mal nicht aus der Sicht der Sieger“

Foto: Sven Heine

Thomas Ebermann, 65, ist Publizist, Kritiker und Satiriker, 2012 erschien mit „Firmenhymnenhandel“ sein erstes Theaterstück.

taz: Herr Ebermann, worum geht es im Buch „Q“ von Luther Blissett, das Sie heute in einer szenischen Lesung vorstellen?

Thomas Ebermann: Das Buch ist eine große Besichtigung der ganzen Epoche, von 1555 bis 1717. Geschrieben aus der Perspektive der Verlierer der Geschichte, der Aufständischen, welche ja fast alle umgebracht werden. Sagen wir es mal so: Die Geschichte ist sehr genau recherchiert worden. Es ist ein historischer Roman, angereichert mit einer Kriminalstory.

Das Buch ist so etwas wie Geschichtsunterricht mit Emotionen. Eignet es sich für jeden oder benötigt man Grundwissen?

Nein. Das kann jeder verstehen. Am Anfang erkläre ich dem Publikum einmal, dass es verwirrend sein kann, sich zu jeder Rolle eine Person zu merken – weil vier Schauspieler zusammen 35 Rollen spielen. Die Geschichte zeigt die gesellschaftlichen Konstellationen, auf die sollte man auch achten, um die Geschichte zu verstehen.

Was ist das Wichtige an diesem Buch, welche Idee steckt dahinter?

Ich glaube, das Buch ist ein großartiger literarischer Versuch, die Epoche mal nicht aus der Sicht der Sieger, also zum Beispiel Martin Luthers oder des Papstes zu erzählen, sondern aus der Sicht der Rebellen im Widerstand. Es werden die großen Momente von Siegen und Niederlagen ausgekostet.

Das Buch umfasst stolze 800 Seiten. Wie stellen Sie das in der vergleichsweise kurzen Zeit da, ohne den Spannungsbogen zu verlieren?

Das haben mein Co-Autor Berthold Brunner und ich uns auch am Anfang gefragt. Es ist ziemlich schwer, aus 800 Seiten Material nicht vier Stunden zu machen und dann zu versuchen, dass alles insgesamt zwei Stunden dauert. Wir mussten uns auf die Geschichte konzentrieren, also auf das Wesentliche.

Wird im Stück am Ende aufgelöst, bei wem es sich bei diesem ominösen „Q“ handelt?

Wir lassen „Q“ gar nicht auftreten. Seine Briefe werden vorgelesen. Es gibt also einen Empfänger, der seine Briefe bekommt. „Q“ als Rolle kommt im Stück aber gar nicht erst vor.

Interview Hannah Treu

Szenische Lesung des Romans “Q“ von Luther Blissett: Mo, 30. Oktober, 20 Uhr, Polittbüro, Eintritt 15 Euro