Jugendliche gequält: Ex-Heimchef vor Gericht

Tagelang sollen Jugendliche in einer pädagogischen Einrichtung in Niedersachsen eingesperrt worden sein

Mitarbeiter wendeten laut Anklage den „Zimmerbunker“ als Strafe für Fehlverhalten der Bewohner an

Mitarbeiter eines niedersächsischen Jugendheims sollen ihre Schützlinge gequält haben. Dafür müssen sie sich von diesem Donnerstag an vor dem Landgericht Verden verantworten.

Die Mitarbeiter, zu denen auch Führungskräfte gehören, sollen dafür verantwortlich gewesen sein, dass Jugendliche dort zur Strafe tagelang in Zimmern eingesperrt wurden. Laut Anklageschrift sollen Betreuer die Bewohner auch mit Schlägen und Tritten verletzt haben.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten im Alter zwischen 39 und 57 Jahren Freiheitsberaubung und Misshandlung Schutzbefohlener vor. Letzteres kann mit bis zu zehn Jahren Gefängnis bestraft werden.

Das Haus mit Standorten in Thedinghausen im Landkreis Verden und Eystrup im Landkreis Nienburg/Weser wurde nach Angaben der Staatsanwaltschaft 2012 geschlossen. Die jungen Leute sollen in den Zimmern nur leicht bekleidet und fast ohne Mobiliar eingesperrt worden sein.

Die Vorfälle sollen zwischen März 2009 und Dezember 2011 passiert sein. Unter den Angeklagten ist der damalige Inhaber und Geschäftsführer der Einrichtung. Daneben stehen die damalige pädagogische Leiterin, ein früherer pädagogischer Leiter sowie ein Ex-Arbeitstrainer vor Gericht.

„Die Ermittlungen haben sehr viel Zeit in Anspruch genommen“, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden, Lutz Gaebel. In der Anklageschrift, die 200 Seiten umfasst, werden über 40 Zeugen aufgeführt und rund 70 Dokumente benannt.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft wendeten Mitarbeiter den sogenannten Zimmerbunker als Strafe für Fehlverhalten der Bewohner an. Dabei verschlossen sie die Haustür und montierten die Fenstergriffe ab. Beim „verschärften Zimmerbunker“ wurde die Einrichtung bis auf Matratze, Decke und Kopfkissen entfernt. Als Kleidung blieb dem betroffenen Bewohner nur eine Boxershorts.

Die Kammer hat nach dem Auftakt am Donnerstag zunächst neun Verhandlungstermine bis zum 12. Dezember festgesetzt. (dpa)