OFF-KINO

Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Einen illustren Gast hat das Filmmuseum Potsdam am 1. November aufzuweisen: Der renommierte amerikanische Filmwissenschaftler David Bordwell wird in seinem Vortrag „How motion pictures became the movies“ über die Entwicklung des klassischen Erzählkinos referieren. Dazu zeigt das Kino die Folge „Juve versus Fantomas“ (1913) aus Louis Feuillades klassischem „Fantomas“-Serial: ein andauerndes Kräftemessen zwischen dem wackeren Inspektor Juve und dem kriminellen Verwandlungskünstler mit den vielen Masken, der in der Wahl seiner Mittel nicht eben wählerisch ist. Da geht es um Attentate, Raubzüge und Schießereien – gefilmt mit noch starren Kameraeinstellungen und ohne ganz großen logischen Zusammenhalt der einzelnen Szenen, dafür aber mit viel poetischem Charme. Am selben Abend auch noch im Programm ist Michel Hazanavicius moderner Stummfilm „The Artist“ (2011), der gleichermaßen melodramatisch und amüsant von der Umbruchzeit erzählt, in der der Tonfilm aufkommt und ein Stummfilmstar (Jean Dujardin) den Niedergang seiner Karriere erlebt. (1. 11. Filmmuseum Potsdam)

Wer da Lust bekommen hat, sich auf spielerische Weise mit dem Stummfilm zu beschäftigen, sollte sich auch Martin Scorseses kurioses Werk „Hugo Cabret“ (2011) zu Gemüte führen: 3-D-Spektakel, Kinderfilm, tragikomisches Bahnhofsmelodram gleichermaßen – und eine frei flottierende Hommage an den – hier von Ben Kingsley verkörperten – französischen Filmpionier Georges Méliès, der wohl als erster Regisseur den Unterhaltungsfaktor des Mediums Kino erkannte und – als Zauberkünstler, der er auch war – viele trickreiche Abenteuer- und Märcheninszenierungen mit entsprechend verblüffend zauberischem Flair schuf. Mit seinem Leben geht „Hugo Cabret“ jenseits der Tatsache, dass Méliès nach dem Ende seiner Filmkarriere und dem Bankrott einen Spielzeugladen in einer Metrostation betrieb, zwar eher locker um, dafür ist die Idee, sein filmisches Werk mit einer Geschichte um die Mechanik von Bahnhofsuhren zu verknüpfen, sehr hübsch. (7. 11. Filmmuseum Potsdam)

Depression, aber bitte nicht zu viel davon: Paul Martins Ufa-Musikkomödie „Ein blonder Traum“ (1932) erzählt von Menschen mitten in der großen Weltwirtschaftskrise. Große Träume haben sie, wie etwa die Zirkusartistin Jou-Jou (Lilian Harvey), die so gern Karriere in Hollywood machen würde – und am Ende doch mit dem Fensterputzer Willy Fritsch glücklich werden muss. Die Botschaft ist klar: Man lässt sich nicht unterkriegen, hat ein fröhliches Lied auf den Lippen und optiert fürs kleine private Glück. (4. 11. Bundesplatz-Kino)