Immer im Vordergrund

Gerhard „Ich will hier rein“ Schröder in einem unspektakulären Porträt: „Der Kanzler“ (21.45 Uhr, ARD)

Wie viele Fußballtrikots hat der Kanzler schon geschenkt bekommen? Wie oft hat Gerhard Schröder schon über die irre originelle Idee gelacht, „Acker“ auf die Rückseite zu drucken? Oliver Merz und Thomas Michel machen sich in ihrem SWR-Porträt den Spaß, einige dieser wiederkehrenden Szenen von Fußballplätzen aneinander zu reihen. Das Ergebnis ist vorhersehbar, es zeigt einen jovialen und schlagfertigen Politprofi, der auf Schultern klopft und dröhnend lacht. Aber auch, was Deutschland nach der Bundestagswahl wohl verlieren wird: den Medien- und Kumpelkanzler, der am besten ist, wenn ihm jemand zuguckt. „Fußball ist für mich immer wichtig gewesen“, sagt Schröder und lässt die Reporter stehen, folgt dem Ruf des Wählers: „Darf ich mal da ‚Guten Tach‘ sagen?“

Kein Wunder, dass der vergangene Woche gesendete NDR-Film über „Die Kandidatin – Angela Merkel“ überraschender war, denn Schröders Geschichte ist nach sieben Jahren an der Regierung – nicht zuletzt durch dessen eigenes Zutun – hinlänglich durchleuchtet: vaterlos aufgewachsen in einfachen Verhältnissen, Juso-Mitglied, Abi auf dem zweiten Bildungsweg, Jurastudium, Ministerpräsident, Bundeskanzler. „Er hat es nie versäumt, sich in den Vordergrund zu drängen“, nährt eine Klassenkameradin die Legende vom „Ich will hier rein“-Schröder: Wir haben’s ja schon immer gewusst, dass aus dem Gerd mal was wird! „Eine Karriere gegen die Partei?“, fragen die Autoren. „Schröder hat die Sozialdemokraten in die Realität geführt“, meint Stichwortgeber Kurt Biedenkopf (CDU), der Parteilinke Ottmar Schreiner moniert ein „Demokratiedefizit“ in der SPD, und die Autoren sehen Schröder „zwischen Baum und Borke, zwischen eigener Überzeugung und parteipolitischer Opportunität“.

Das Porträt zeichnet Schröders Regierungszeit streng nach – der erste Auslandseinsatz der Bundeswehr, das Nein zum Irakkrieg, aber auch Hartz IV, steigende Staatsverschuldung. „Die Neuwahlen sind eine Flucht nach vorn“, kommentieren die Autoren und spielen Schröder so den Ball zu: „Ich habe mein Leben lang gekämpft, und ich werde weiterkämpfen.“ Noch drei Tage bis zur Wahl, der Kampf geht in die letzte Runde. D. DENK