Dein Stethoskop, das unbekannte Wesen
Nach zehn Jahren müssen Ärzte jetzt wieder am Notdienst teilnehmen. Doch manche fühlen sich damit überfordert
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Wofür war das noch? Halbgott in Weiß mit Diagnose-Instrument Foto: Patrick Seeger/dpa

Von Karolina Meyer-Schilf

Niedergelassene Ärzte müssen wieder Bereitschaftsdienste im kassenärztlichen Notdienst schieben – was in anderen Bundesländern und bis vor zehn Jahren auch in Bremen gang und gäbe war, sorgt nun unter der Ärzteschaft für Unmut.

Etwa 100 Anträge auf Befreiung von der neuen Pflicht seien bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) in Bremen eingegangen, sagt ihr Sprecher Christoph Fox. Der einzige Grund, von der Pflicht zu Bereitschaftsdiensten befreit zu werden, seien allerdings Schwangerschaft und Mutterschutz – die Anträge wurden daher abgelehnt.

Der Bereitschaftsdienst ersetzt in den Abend- und Nachtstunden sowie an den Wochenenden die hausärztliche Versorgung. Dafür unterhält die KV eine Bereitschaftszentrale im St.-Joseph-Stift. Dort gibt es eine Praxis, außerdem sitzt hier ein Telefonarzt, der unter der Nummer 11 61 17 für die PatientInnen zu erreichen ist. Daneben machen die Ärzte im Bereitschaftsdienst Hausbesuche. Der Unterschied zum Notarzt: „Wenn Sie am Wochenende Fieber kriegen, rufen Sie vielleicht den ärztlichen Notdienst an, und wenn Sie eher ein Stechen und Ziehen in der Brust haben, wählen Sie die 112“, sagt der Bremer KV-Sprecher Christoph Fox.

Doch obwohl Herzinfarkte und andere lebensbedrohliche Erkrankungen also eher nicht zum Alltag diensthabender Bereitschaftsärzte gehören, trauen sich viele den Dienst offenbar nicht zu: Der Weser-Kurier etwa lässt eine Bremer Psychotherapeutin zu Wort kommen, die erklärt, sie und eine Reihe weiterer KollegInnen hätten „keine aktuellen Kenntnisse und keinerlei Erfahrungen im Bereich der Notfallmedizin“ – schließlich sei man ja hoch spezialisiert.

„Ärzte sind Ärzte“, sagt dazu die Sprecherin der Bremer Ärztekammer Bettina Cibulski – ein Fakt, der eben auch für ärztliche Psychotherapeuten gilt, im Gegensatz zu ihren psychologischen KollegInnen. Tatsächlich scheint die Ablehnung der neuen Regelung besonders unter ärztlichen Psychotherapeuten hoch zu sein. Aber auch andere Fachärzte, im Übrigen nicht minder spezialisiert, wenden sich gegen die Pflicht zum Bereitschaftsdienst.

Das Argument, man habe eben keine Ahnung von Notfallmedizin, kann dabei allerdings nicht gelten: „Ärzte sind verpflichtet, sich fortzubilden, und zwar auch in der Notfallmedizin“, sagt Cibulski. Das sei in der Berufsordnung für Ärzte eindeutig festgelegt. Psychotherapeutin hin, Orthopäde her – egal wie spezialisiert die Ärzte sind, „sie sind in der Pflicht, ein Stück weit Generalist zu bleiben“.

„Ärzte sind verpflichtet, sich fortzubilden“

Bettina Cibulski, Bremer Ärztekammer

Das sieht auch die Kassenärztliche Vereinigung so: „Jeder niedergelassene Arzt hat einen Versorgungsauftrag, egal welche Spezialisierung er hat“, sagt Christoph Fox. Bei der Arbeit im ärztlichen Bereitschaftsdienst handele es sich um „Basismedizin – Husten, Schnupfen, Heiserkeit“, und der Gesetzgeber erwarte auch, „dass ein Arzt das kann“, sagt Fox. Für diejenigen Ärzte, die ihre Pflicht zur Fortbildung offenbar etwas haben schleifen lassen, bietet die KV nun „Refresher-Kurse“ an. „Die dauern zwei bis drei Stunden, und da sitzt dann ein alter Hase und erklärt, was passiert“, sagt Fox. Zusätzlich gebe es auch ausführlichere Workshops, etwa speziell zu Notsituationen.

Den Protest mancher Ärzte gegen die neue Regelung sieht Fox als „Fluch der guten Tat“: Vor zehn Jahren habe es so viele freiwillige Interessenten gegeben, dass man die Pflicht abgeschafft habe. Während in allen anderen Bundesländern die Pflicht weiterbestanden habe, sei Bremen „das gallische Dorf“ gewesen. Besonders junge Ärzte, die sich etwas dazuverdienen wollen, aber auch ältere, die noch nicht ganz aufhören wollten zu arbeiten, haben über die Jahre den Bereitschaftsdienst getragen. Nun aber hätten gerade viele ältere Kollegen aufgehört, sodass das Personal jetzt knapp sei.

Allzu oft müssen die hoch spezialisierten Psychotherapeuten allerdings auch künftig nicht ausrücken: Auf etwa ein bis zwei Dienste im Jahr schätzt Fox den Bedarf pro Person. Und loswerden kann man den Dienst auch: „Es gibt ein Onlineportal, es gibt Ärztenetzwerke, und manchmal fliegt auch ein Handgeld“, damit jemand anders den Dienst übernimmt.