Stahlkocher aufgeladen

Betriebsräte von ThyssenKrupp kritisieren geplante Fusion mit Tata.
Sie fürchten um viele Jobs und das Ende der Mitbestimmung

Aus Duisburg Andreas Wyputta

Im Streit über die Fusion der Stahlsparte von ThyssenKrupp mit dem indischen Konkurrenten Tata bleiben die Arbeitnehmer skeptisch. Die Stimmung in der Belegschaft sei „aufgeladen“, berichtete der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von ThyssenKrupp Steel (TKS), Günter Back, am Mittwoch nach einer Betriebsversammlung im Hauptstahlwerk in Duisburg. Dabei hatte er die dortigen 14.000 Arbeiter über erste Sondierungen mit den Arbeitgebern informiert.

ThyssenKrupp-Chef Heinrich Hiesinger will TKS mit Tata zum zweitgrößten europäischen Stahlkocher nach Arcelor­Mittal verschmelzen – und erwartet dabei Einsparungen in Höhe von bis 600 Millionen Euro. Diese seien wegen Überkapazitäten auf dem Weltmarkt und chinesischer Dumpingpreise unverzichtbar, argumentiert Hiesinger. TKS und Tata haben bereits mitgeteilt, dass auf jeder Seite 2.000 Arbeitsplätze wegfallen sollen. Ein endgültiger Vertrag soll Anfang 2018 unterzeichnet werden.

Betriebsrat Back kritisierte, Hiesinger habe sich zu früh festgelegt: „Auf Nachfrage wird uns erklärt, die Fusionspläne stützten sich auf öffentlich zugängliche Informationen wie Zeitungsberichte und Internetrecherchen“, sagte Vizebetriebsratschef Tekin Nasikkol. Durch Verlagerung des juristischen Firmensitzes der neuen Gemeinschaftsfirma nach Amsterdam dürften außerdem Mitbestimmungsrechte ausgehebelt werden.

„In Holland ist es Gewerkschaftern verboten, in Aufsichtsräten zu sitzen“, warnte Back: „Wer vertritt dann noch die Belegschaft?“ Problematisch sei auch der hohe Schuldenstand, der auf dem Joint Venture lasten würde, erklärte Nasikkol – ThyssenKrupp will dem fusionierten Stahlunternehmen knapp 4 Milliarden Euro alter Pensionszusagen, Tata weitere 2,5 Milliarden Euro Schulden aufbürden. Die Betriebsräte fürchten deshalb weitere Entlassungen – aktuell beschäftigt TKS allein 27.000 MitarbeiterInnen.

„Nichts ist tabu, auch ein Nein zur Fusion nicht“, sagte IG-Metall-Vorstand Markus Grolms. Schließlich sei Missmanagement Grund für die drohenden Jobverluste: Der Bau von zwei mittlerweile mit massiven Verlusten verkauften Werken in Brasilien und den USA hat TKS rund 12 Milliarden Euro gekostet. Da habe „das Unternehmen mal eben fast seinen gesamten Börsenwert verzockt“.