Gentrifizierung in Bremen: Preiswert wohnen ist möglich

In Bremen steigen Mieten und Immobilienpreise weiter extrem schnell. Wohnraumförderung für Sozialwohnungen greift noch nicht.

Gefragtes Beton: Der Bremen fördert den Bau von Wohnungen Foto: dpa

BREMEN taz | Wohnen in Bremen ist so teuer wie nie zuvor. Der aktuelle Immobilienreport der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) besagt, dass sowohl die Preise für Eigentumswohnungen als auch die Mieten erneut gestiegen sind. Der Mietpreis für Neubauten liegt in der City im Schnitt bei über 11,17 Euro pro Quadratmeter – eine Steigerung von 4,6 Prozent zum Vorjahr und 17,5 Prozent gegenüber 2013.

Auch die Kaufpreise für Eigentumswohnungen hätten sich erneut „stärker als erwartet“ erhöht. Allein im Vergleich zum Vorjahr stiegen die Kaufpreise um fünf Prozent. Im Schnitt kostet der Quadratmeter derzeit 3.550 Euro. Eklatant der mittelfristige Anstieg: 2013 lag der Preis noch 32 Prozent darunter.

Die Verschärfungen lassen sich auch im Bestand ausmachen: Die Bruttokaltmieten steigen stark in Bremen, laut aktuellem Mikrozensus weist das Land mit 13,9 Prozent Plus den höchsten Anstieg Deutschlands aus. Zahlten Mieter 2010 im Schnitt noch 404 Euro monatlich, so zahlten sie 2014 schon 460 Euro für eine Wohnung.

Ärmere bedroht

„Ein Grund für die steigenden Preise ist der hohe Anlagendruck“, erläutert WFB-Geschäftsführer Andreas Heye die Entwicklung. Aus Sicht der Wirtschaftsförderung stellt sich 2017 daher als ein Jahr „zahlreicher Rekorde“ mit „deutlich wachsender Attraktivität des Standorts Bremen für Investoren und Projektentwickler“ dar. Für ärmere Teile der Bevölkerung bedeutet das eine konkrete Bedrohung der Lebensverhältnisse.

Die Brisanz des eklatanten Anstiegs schwächt sich nicht dadurch ab, dass die Bremer Mieten zuvor im bundesweiten Vergleich auf einem niedrigen Niveau insbesondere für Großstädte lagen. Denn trotz des zuvor vergleichsweise niedrigen Preisniveaus von Wohnraum wenden BremerInnen durchschnittlich 30,4 Prozent ihres Haushaltseinkommens für Miete auf – laut statistischem Bundesamt die höchste Mietbelastungsquote von allen Bundesländern.

Ein Grund für diese Entwicklung ist wohl das Fehlen von Sozialem Wohnraum. Aus einer Linken-Anfrage im Bund geht hervor, dass es in Bremen derzeit nur noch 8.441 Sozialwohnungen gibt. Anfang der 1990er-Jahre waren es noch 78.900, im Jahr 2000 gab’s 30.000.

Jens Tittmann, Bau-Behördensprecher

„Nicht alle Sozialwohnungen, die aus der Preisbindung fallen, werden auch gleich teurer“

Was der Senat tut

Der Senat versucht mit einem Wohnraumförderprogramm dagegen zu halten. „Wir haben drei Wohnraumförderprogramme im Umfang von 120 Millionen Euro angeschoben“, sagt der Sprecher der Baubehörde, Jens Tittmann. „Das dritte soll demnächst ausgebaut werden.“ Ein viertes Förderprogramm sei zudem in der Diskussion.

Ebenso wichtig sei für die Schaffung sozialen Wohnraums in Bremen die gesetzliche Förderquote: Seit einigen Jahren muss ein Viertel des neu geschaffenen Wohnraums sozialer Wohnraum sein. Die Höhe der Förderquote sei in Zusammenarbeit mit dem Bündnis für Wohnen und Bauunternehmern „hart ausgedealt“ worden, so Tittmann. Eine noch höhere Quote hätte zur Folge gehabt, dass Investoren überhaupt nicht mehr bauen.

Trotz der Programme und Maßnahmen sinkt der Bestand der Sozialwohnungen in Bremen. Denn nach einer gewissen Zeit verfällt die Preisbindung für Sozialwohnungen, sodass im Anschluss die Miete erhöht werden darf. Die Linksfraktion in Bremen kritisiert in einer Anfrage von August, dass mit dem ersten Wohnraumförderprogramm gerade einmal 440 neue Sozialwohnungen fertiggestellt wurden – während gleichzeitig 2.350 Wohnungen aus der Bindung fielen. Der Senat soll deswegen beantworten, wie der Bestand der Sozialwohnungen tatsächlich aussieht und sich bis 2020 entwickeln wird. Und vor allem: Ab wann wieder mehr Sozialwohnungen gebaut werden als wegfallen.

Aus Sicht des Bauressorts ist die Entwicklung allerdings nicht dramatisch: „Nicht alle Sozialwohnungen, die aus der Preisbindung fallen, werden auch gleich teurer“, sagt Tittmann. Rund 90 Prozent der betroffenen Wohnungen seien im Besitz von Wohnungsbaugesellschaften, die auch danach nicht übermäßig die Miete erhöhen würden. Viele Wohnungen verlören den Status der Sozialwohnung, kosteten tatsächlich aber so viel wie zuvor.

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