Noch kein Grund zur Euphorie

HUNGERSTREIK Politik sagt den Flüchtlingen weitere Gespräche zu. Die bleiben skeptisch: Gewonnen sei noch nichts, es gebe nur einen „temporären Frieden“

Einen Tag nach dem Ende ihres Hungerstreiks vor dem Brandenburger Tor hat das Verwaltungsgericht den 17 Flüchtlingen am Freitag einen kleinen Schlag verpasst. Bei der Mahnwache dürfen keine Zelte und Schlafsäcke verwendet werden, entschied das Gericht nach einem Eilantrag der Flüchtlinge, die gegen die Abschiebung sowie die Lebensbedingungen von Asylbewerbern in Deutschland protestieren. Sitzunterlagen sind dagegen erlaubt. Am Vortag hatten die Protestler ihren Hungerstreik nach neun Tagen beendet, bis mindestens 5. November wollen sie aber am Brandenburger Tor ausharren.

Am Donnerstag hatten die Staatsministerin Maria Böhmer (CDU) und Berlins Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) gut vier Stunden mit den Flüchlingen zusammengesessen. Böhmer sagte anschließend, man wolle prüfen, ob die Residenzpflicht „noch zeitgemäß“ sei, und auf Standards in den Flüchtlingslagern achten. Sie sagte zu, sich für ein Treffen der Flüchtlinge mit Bundestagsabgeordneten einzusetzen.

Arash Dosthossein, der seit März an den Asylprotesten beteiligt ist, sieht jedoch nicht, „dass die Regierung oder wir etwas erreicht haben“. Er spricht von einem „temporären Frieden“. Hakan Tas, flüchtlingspolitischer Sprecher der Berliner Linken, erwartet, dass die Regierung „Vorschläge auf den Tisch legt“, sonst sei das Gespräch nur eine „Alibiveranstaltung“ gewesen. Kolat zeigte sich am Freitag zufrieden, den Hungerstreik mit „offenen Verhandlungen“ beendet zu haben. „Durch das Beenden des Hungerstreiks haben die Flüchtlinge ihre Gesprächsbereitschaft signalisiert“, sagte die Grünen-Abgeordnete Canan Bayram. Sie seien für die Schicksale zehntausender Menschen eingetreten.NIKOLAI SCHREITER

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