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: FAIRER HANDEL

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Wo Menschen profitieren, kriegt auch der Hund etwas

Kaufrausch Fairer Handel? Klar: Kaffee! Hier kommen mal ein paar unerwartete Produkte

Von Leinen über Kau-Seile bis zu Bürsten, Halsbändern, Trainings-Dummies und Spielzeug – das Neueste im Fairtrade-Angebot findet sich in der Tierabteilung. In jedem dritten Haushalt lebt in Deutschland mittlerweile auch ein Haustier. „Das brachte uns auf die Idee“, sagt Nina Labode von El Puente: „Warum nicht auch Katze und Hund mit Fairtrade-Produkten ausstatten?“ Egal ob Körbchen oder aus Büffelhorn gefertigte Hundepfeifen, an dieser Linie sind zahlreiche Handelspartner der Fair-Handelsorganisation beteiligt. So werden die Tier-Accessoires von Kunsthandwerkern in Thailand, Indien, Bangladesch, Vietnam oder auf den Philippinen produziert.

Die Mitarbeiterinnen von „CORR – The Jute Works“ aus Bangladesch etwa fertigten bislang hauptsächlich Jutetaschen und Weihnachtsdekoration. Für die „Tierisch Fair Linie“ von El Puente fabrizieren sie nun auch Tierspielzeug und Katzenkörbe.

Hausmarke des Familienbetriebs Sang Arun im Norden Thailands, der zu 90 Prozent junge Frauen beschäftigt, sind die handbemalten Keramik­näpfe für Katzen und Hunde.

Einige Nistkästen, die hochwertigen Edelstahlnäpfe oder die bunten Spielkissen für Katzen stammen von Kunsthandwerken der indischen Organisation Noah’s Ark, und die Hundebürsten mit Naturborsten werden von „EMA“ hergestellt. Mit den farbenfrohen Gürteltaschen hat „Craft Link“ aus Vietnam sogar ihr Sortiment um ein „Upcycling-Produkt“ erweitert.

Bananen oder Kaffee sind bewährte Klassiker, die es seit Jahrzehnten gibt, dennoch, die Branche entwickelt immer wieder Neues. „Im Bereich Upcycling tut sich sehr viel“, berichtet Christoph Albuschkat vom Weltladen-Dachverband e. V. Da werden zum Beispiel ausgediente Moskitonetze und Zementsäcke zu „echt schicken“ Taschen aufgewertet. Der faire Handel und seine Produzenten werden manchmal sogar zu Trendsettern. „Diese Taschen aus Getränkeverpackungen, die man jetzt in vielen Läden findet“, so Albuschkat, nahmen ihren Anfang einst im Fairtrade. Auch entstehen immer mehr Initiativen, junge Label und Start-ups. Kaffee ist ein Fairtrade-Klassiker, den alle kennen – hier nun ein paar unerwartete Produkte, die Qualität und angesagtes Design miteinander verbinden. „Die wollen sich nicht damit abfinden, wie die Textilindustrie im Moment aufgestellt ist“, sagt Albuschkat.

„Erst vor einigen Monaten fand bei uns ein Design-Workshop mit Teilnehmern aus verschiedenen Ländern statt“, erzählt Labode, „bei dem experimentiert wurde, was Layout und Sonstiges betrifft.“ Der Fair­trade-Handel professionalisiert sich. Am Anfang wurde noch viel „Solidaritätskaffee“ getrunken, der nicht wirklich gut schmeckte, lacht Labode, das sei längst nicht mehr so.

2016 wurden in Deutschland 1,3 Milliarden Euro für fair gehandelte Produkte ausgeben, Tendenz steigend. So gaben Verbraucherinnen und Verbraucher pro Kopf in Deutschland vor einem Jahr schon durchschnittlich 16 Euro für Fair­trade-Produkte aus. Allein die Blumenverkäufe stiegen auf 365 Millionen Stück, vornehmlich Rosen. Jede vierte hierzulande verkaufte Rose trägt das Fairtrade-Siegel. Doch selbst bei Kaffee, der mit 36 Prozent immerhin die Liste der Fairtrade gehandelten Waren in Deutschland anführt, beträgt der Anteil am Gesamtmarkt nur 4 Prozent. „Zwar werden die Konsumenten mit jedem Lebensmittelskandal hellhöriger“, sagt Albuschkat. „Aber solange noch immer Hunderte Euro für eine Kaffeemaschine ausgegeben werden, während der Kaffee weder bio noch fair ist, ist der Weg noch weit.“ JJB