Freispruch für Antimaidan-Aktivisten

Ukraine Gericht in Odessa: Keine Beweise für Mitwirkung von 19 Angeklagten an Unruhen 2014

AUS KIEW Bernhard Clasen

Mit einer Sensation endete am Montag der Prozess gegen 19 prorussische Antimaidan-Aktivisten in der ukrainischen Hafenstadt Odessa. Sie waren der Mitwirkung an den Unruhen des 2. Mai 2014 beschuldigt worden, in deren Verlauf bei einer Demonstration auf der griechischen Straße im Zentrum von Odessa sechs Personen, zwei Euromaidan-Anhänger und vier Antimaidan-Aktivisten, getötet worden waren. Bei einem anschließenden Brand im Gewerkschaftshaus waren 42 Antimaidan-Aktivisten ums Leben gekommen.

Das Gericht sprach alle 19, von denen fünf in Untersuchungshaft saßen, frei. Die Staatsanwaltschaft hatte Haftstrafen von acht bis 15 Jahren gefordert. Die Staatsanwaltschaft, so das Gericht, habe nicht einmal versucht, die Schuld der Angeklagten zu beweisen. So sei die Kugel, die einen Maidan-Aktivisten getötet hatte, vorübergehend verschwunden gewesen. Einige Angeklagte hatten berichtet, sie seien nur zufällig am Ort der Demonstration gewesen. Bei lediglich zwei der sechs auf der griechischen Straße getöteten Demonstrationsteilnehmer habe man die Tatwaffe identifizieren können, berichtete das Internetportal strana.ua. Außerdem hatte das Gericht beanstandet, dass nur ein Polizist, der bei der Demonstration auf der griechischen Straße anwesend war, als Zeuge befragt worden sei.

Pünktlich zum Freispruch erschienen Angehörige von Staatsanwaltschaft und dem Inlandsgeheimdienst SBU und nahmen die beiden freigesprochenen Hauptangeklagten, Jewgenij Mefjodow und Sergej Dolschenkow, erneut fest. Sie sollen am 28. März 2014 mit separatistischen Sprechchören durch Nikolajew gezogen sein. Das Gericht ordnete eine Untersuchungshaft von 60 Tagen an.Nach Bekanntwerden des Freispruchs hatten vor dem Gericht wartende ukrainische Nationalisten die Polizei mit Wasserflaschen und Stöcken beworfen. Diese hatte daraufhin Tränengas gegen die Protestierenden eingesetzt, die versucht hatten, die Absperrungen zu durchbrechen. 20 Polizisten und 15 Nationalgardisten wurden verletzt.

In der Nacht zum Dienst wurde ein weiterer Antimaidan-Aktivist, Jewgenij Krischtschuk, nach seiner Freilassung von Unbekannten überfallen, die ihm einen Nagel in den Kopf schlugen. Er wird stationär behandelt. Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft gegen die Freisprüche Berufung eingelegt.