Häuserkampf mit roten Rosen

In den letzten Tagen vor der Wahl bemühen sich die Parteien vor allem um die Unentschlossenen unter den Wählern. Beziehungsweise um die, die noch zaudern, überhaupt zur Wahl zu gehen. Was sie überzeugen könnte? Die SPD glaubt: Rosen

bremen taz ■ Er hat die Hoffnung auf den Sieg nicht aufgegeben. Mustafa Güngör steht im Wendekreis der Günther-Hafemann-Straße in Blockdiek und stopft Rosen in rote Tragetaschen. Die drückt der 27-jährige Jungsozialist seinen Parteigenossen in die Hand, dazu Postkarten des SPD-Spitzenkandidaten Volker Kröning. Damit sollen die Parteisoldaten Wählern werben, drei Tage vor der Bundestagswahl. „Das bringt nur noch was in den Hochburgen“, sagt Kröning selbst. Brav nimmt er den kopierten Stadtplan entgegen, auf dem das Rosen-Verteil-Gebiet eingezeichnet ist.

Kröning kennt die Gegend, er wohnt seit den 70er-Jahren im benachbarten Osterholz, wo die SPD bei Bundestagswahlen regelmäßig deutlich über 50 Prozent holt. Mehrfamilienhäuser aus den 60ern, viele Facharbeiter wohnten hier. Ein paar sind noch übrig, so wie Klaus Winkel, an dessen Tür der SPD-Kandidat nun klingelt. „Tach, Herr Kröning“, sagt der 53-Jährige und öffnet die Tür etwas weiter. Die Wohnung ist geheizt, Winkel trägt kurze Hosen, es riecht nach Essen. „Ich wollte Sie erinnern, am Sonntag zur Wahl zu gehen“, sagt Kröning und drückt Winkel seine Rose in die Hand. „Das brauchen Sie nicht“, sagt der, „ist doch klar, dass wir hingehen“.

„Stammwähler“ sei er, sagt Feinmechaniker Winkel. Er wohnt „ewig“ in Blockdiek, erst in einer Mietwohnung der Neuen Heimat, seit 1989 besitzt er eine Drei-Zimmer-Wohnung, die von der Gewoba verwaltet wird. Politisch sei er interessiert, sagt er, und „natürlich“ in der IG Metall. Auch seine Frau wählt „ganz klar schon immer SPD“. Es sind Leute wie diese, die die Sozialdemokraten in Bremen stark gemacht haben.

Heute muss die Partei Klinken putzen. Kröning klingelt wieder. Eine Frau mit Kopftuch öffnet, sie spricht nicht gut deutsch. „Sind Sie zufrieden mit Ihrer Wohnung?“, fragt Kröning. „Oooh ja“, antwortet die Frau, „Gewoba gut.“ Die Wohnungsbaugesellschaft habe sich vorbildlich um den Stadtteil gekümmert, meint Kröning. Er sagt das, weil die Gewoba der SPD Wähler sichert. Die Treppenhäuser sind sauber, es stehen Blumenkübel darin, die Vorgärten sind zurecht gemacht. Spießig vielleicht, aber: Geborgenheit zu stabilen Preisen. Sicherheit. Wohnstrukturen in überschaubaren Einheiten sind ein Teil davon – und eine staatliche Garantie dafür wäre den Bewohnern am liebsten. Dafür steht für viele noch die SPD: den Verkauf der staatlichen Gewoba-Anteile lehnt sie ab.

Auch für die Eltern von SPD-Organisator Mustafa Güngör, an deren Tür Volker Kröning nun klingelt. Auch sie wählten SPD, bekunden sie. „Ich mag ihren Mustafa sehr“, sagt Volker Kröning. „Ein guter Junge“. „Ja“, sagt Mustafas Vater: „Sozialdemokrat.“ Kay Müller