Keine Ampel im Internet

Rot-Gelb-Grün als Koalitionsvariante kennen die Politikbörsen nicht. Und die Prognosen liegen weit auseinander

Bei virtuellen Wahlbörsen und in Internetwettbüros sind die Signale auf Schwarz-Gelb gestellt

BERLIN taz ■ Die Grünen kommen auf 73,97 Prozent – allerdings nur bei kandidatenwatch.de. Dort können die Wähler Fragen an die Kandidaten aller Parteien richten. Die Grünen-Politiker haben bisher mehr als zwei Drittel davon beantwortet, fast genauso viele wie die Kandidaten der Sozialdemokraten. Abgeschlagen auf dem letzten Platz landet die CSU mit nur rund 57 Prozent beantworteten Anfragen. Wohl nirgendwo sonst verfügt Rot-Grün über so einen komfortablen Vorsprung.

In den Internet-Wettbüros und virtuellen Wahlbörsen stehen die Zeichen hingegen auf Schwarz-Gelb. Sowohl mybet als auch bet-at-home sehen eine Koalition von CDU/CSU und FDP vorne. Entsprechend gering sind allerdings auch die Gewinne. Gerade mal bei 1,14 liegt die Quote bei bet-at-home. Auch bei der Kanzlerfrage ist man sich einig: Angela Merkel wird’s. Wer unerschütterliches Vertrauen in Gerhard Schröder hat, kann auch auf ihre Niederlage setzen. Denn für Schröder liegt die Quote bei bet-at-home immerhin bei 5. Und wer gerne richtig viel Geld gewinnen möchte, der kann auch darauf hoffen, dass Guido Westerwelle nicht in den Bundestag kommt und mit Klaus Wowereit eine „Rosa Partei“ gründet (intertops, Quote 10.001).

Jenseits aller Spaßwetten gibt es im Internet verschiedene Wahlbörsen, an denen die Parteien von spekulationsfreudigen Wählern wie Aktien gehandelt werden. Erstmals wurde so eine Börse 1988 in den USA durchgeführt. Das Ergebnis sei „zehnmal exakter als bei allen Umfragen“ gewesen, verkündet wahlfieber.de vollmundig. Komisch nur, dass kurz vor der Wahl die Kurse der Parteien je nach Börse noch sehr unterschiedlich ausfallen. Während die CDU/CSU bei Wahlfieber nur auf 38,99 Prozent kommt, steht die Unions-Aktie bei der Wahlbörse der Financial Times Deutschland auf 41,16. Noch größer fallen die Unterschiede bei der SPD-Aktie aus. Hier liegt die Spannbreite zwischen 32,42 (FTD-Börse) und 37 Prozent (Political Stockmarket der Uni Karlsruhe). Doch es werden nicht nur einzelne Parteien gehandelt, auch Koalitionen, der Kanzlerposten und Ministerämter sind auf dem Parkett vertreten. Für Schröder, Stoiber und Kirchhof sieht es da eher schlecht aus. Eine schwarz-gelbe Koalition hingegen wird zwischen 49,75 (FTD-Börse) und 43,94 (Wahlstreet) gehandelt, die große Koalition steht mit 41,45 beziehungsweise 37,45 im Kurs. Nur eine Koalitions-Variante gibt es bei den Politikbörsen nicht zu kaufen: die Ampel. Offenbar hatte sie noch niemand auf dem Plan, als die Börsen vor Wochen online gingen. SARAH MERSCH