Der unbeliebte Präsident

Strategie Macrons Umfragewerte sinken, doch die Redebereitschaft seiner Regierung zieht die erste Gewerkschaft auf seine Seite

BERLIN taz | Dreihundert Stunden an Verhandlungen mit Gewerkschaften und Verbänden sollen die Verordnungen gekostet haben, mit der die französische Regierung am Donnerstag an die Öffentlichkeit ging. Paris hat in den vergangenen Wochen großen Wert auf den Dialog gelegt. Kein Wunder: Massive Demonstrationen, die das Land lahmlegen, kann sich der französische Präsident Emmanuel Macron derzeit nicht leisten.

Die Umfragewerte des 39-Jährigen sanken zuletzt erheblich. Seit dem Wahlsieg im Mai ist nach Angaben des Meinungsforschungsinstituts Ifop mittlerweile eine Mehrheit von 57 Prozent der Befragten unzufrieden mit dem Präsidenten. Nur 40 Prozent sagten, sie seien zufrieden – ein Rückgang von 24 Prozentpunkten seit Juni.

Das hat so ähnlich nur Jacques Chirac 1995 geschafft. Doch die Werte des Konservativen waren in den Umfragen zwischen Mai und August nur um 20 Punkte abgestürzt.

Da kam das Make-up-Gate dem französischen Staatsoberhaupt besonders unpassend: In der vergangenen Woche veröffentlichte das Magazin Le Point, dass Macron in seinen ersten drei Monaten als Staatschef bereits 26.000 Euro für sein Make-up ausgegeben habe. Der junge Präsident wurde daraufhin allerorten mit reichlich Häme begossen.

In diese Zeit also fällt das erste wichtige innenpolitische Projekt Macrons. Bereits im Wahlkampf angekündigt, empfing der Staatschef kurz nach seinem Wahlsieg zum ersten Mal Vertreter von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen zu Gesprächen über die geplante Arbeitsmarktreform. Da ihm eine Gesetzesänderung auf dem normalen Weg zu lange dauerte, holte er sich vom Parlament die Erlaubnis, seine Pläne in Verordnungen umzusetzen.

Im vergangenen Sommer demonstrierten noch massenhaft Menschen gegen die Arbeitsmarktreformen des Vorgängerpräsidenten François Hollande. Doch dass wieder Hunderttausende mit Streiks und Protesten auf die Straße gehen, ist wohl nicht zu erwarten.

Zumindest in dieser Hinsicht hat die Bereitschaft der französischen Regierung zum Dialog bereits gegriffen: Noch im vergangenen Jahr wetterte die Gewerkschaft Force Ouvrière (FO) gegen die Reformen Hollandes. Zwar sehen einige Kritiker die Verordnungen Macrons in derselben Tradition, doch hat sich die FO zurückgezogen. Ihr Generalsekretär Jean-Claude Mailly erklärte in einem Interview, der Kontext sei ein anderer als unter der Vorgängerregierung: „Es gab einen wirklichen sozialen Dialog.“ Eva Oer