Probebohrung in der Asse wegen Strahlung gestoppt

ATOM Bei Arbeiten an einer Kammer entweicht radioaktives Radon. Behörde: „Keine Gefahr“

Asse: Der Strahlenmüll liegt hier noch 20 Jahre Foto: picture alliance

GÖTTINGEN taz | Wegen erheblich erhöhter Radioaktivitätswerte ist eine Bohrung im maroden Atommülllager Asse bei Wolfenbüttel abgebrochen worden. „Die Mitarbeiter im Kontrollbereich haben radiologische Schutzmaßnahmen ergriffen, das Bohrgestänge wurde ausgebaut und die Bohrung verschlossen“, sagte gestern die Sprecherin der Bundesgesellschaft für Endlagerung (BGE), Monika Hotopp. Eine Gefährdung von Beschäftigten oder der Umwelt habe aber „zu keinem Zeitpunkt“ bestanden.

Die neu gegründete BGE hat das Bergwerk, in dem rund 126.000 Fässer mit schwach und mittelradioaktiven Abfällen lagern, im Zuge der Ämterneuordnung bei der Atommüllentsorgung vom Bundesamt für Strahlenschutz übernommen.

Zu dem Vorfall kam es den Angaben zufolge am Mittwoch bei Probebohrungen in die Einlagerungskammer 7 in 750 Metern Tiefe. In der aus einem Hohlraum durch das Bohrloch zurückströmenden Luft seien erhöhte Werte von bis zu 17.000 Becquerel des radioaktiven Gases Radon und seiner Zerfallsprodukte festgestellt worden, sagte Hotopp. Unmittelbar nach Abbruch der Bohrung seien die Radon-Werte dieser Luft wieder abgefallen. Die Messergebnisse würden weiter analysiert, hieß es. Weitere Zahlen lagen bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht vor. Die Bundesgesellschaft für Endlagerung kündigte aber an, das zunächst verschlossene Bohrloch mit einer Kamera zu „befahren“, um sich ein Bild der Lage vor Ort zu machen, sobald dies möglich sei.

Die Probebohrungen in Kammer 7 hatten bereits 2012 begonnen. Sie sind Teil der sogenannten Faktenerhebung. Die Experten wollen sich damit einen ersten Überblick über den Zustand der Einlagerungskammer und der darin befindlichen 4.356 Atommüllfässer verschaffen. Experten gehen davon aus, dass ein großer Teil der Behälter inzwischen durchgerostet und zerstört ist. Erst nach der Faktenerhebung soll endgültig entschieden werden, ob der Atommüll wie angekündigt aus der Asse geborgen werden kann – oder ob es einen anderen Weg geben muss, das problematische Atommülllager auf Dauer zu sichern.

Zunächst waren die Bohrungen kaum vorangekommen. Insbesondere die Bitumenschicht in der Mitte der rund 20 Meter dicken Verschlussmauer bereitete dem Bohrteam Probleme: Das zähflüsige Erdpech drohte den Bohrkopf zu verschmieren sowie Kameras und Messsonden zu verkleben. Die Techniker führten daraufhin ein Rohr in das Bohrloch ein, das bis hinter die Bitumenschicht reichte.

Die Untersuchung von Kammer 7 ist immer wieder auf Probleme gestoßen

Eine spätere Bohrung verfehlte dann den angepeilten Hohlraum an der Kammerdecke. Alte Aufzeichnungen erwiesen sich als falsch, zudem hatte sich das Salzgestein verschoben. Das ganze Bergwerk gilt als instabil und droht voll Wasser zu laufen. Bereits jetzt fließen täglich aus dem benachbarten Gestein etwa 12 Kubikmeter Lauge in die Asse. Die meiste Flüssigkeit ist nicht oder nur gering radioaktiv belastet, sie wird abgepumpt und in einem stillgelegten Bergwerk verklappt. Zum Teil hat das Wasser aber auch Atommüllkammern durchflossen, es ist kontaminiert, wird untertage aufgefangen und gesondert entsorgt.

Reimar Paul