Wikileaks spendet an Deutschland

COUP Wie ein Finanzamt der Plattform den Geldhahn zudreht

Klaus Schleisiek, zweiter Vorsitzender der Wau Holland Stiftung und Gründungsmitglied des Chaos Computer Clubs, klingt am Telefon etwas genervt. „Nein, überrascht hat uns die Aberkennung der Gemeinnützigkeit für das Jahr 2010 nicht“, sagt er, „eher schon die Berichterstattung darüber.“

Am Wochenende hatte der Spiegel berichtet, dass die WHS, die auf den 2001 verstorbenen Hackerveteranen und CCC-Mitbegründer Wau Holland zurückgeht, für 2010, ihr bislang größtes Spendenjahr, keine Spendenquittungen ausstellen darf. Das zuständige Finanzamt Kassel hatte festgestellt, dass die Stiftung mit der Spendensammlung und der damit einhergehenden Finanzierung der Enthüllungsplattform Wikileaks für das Jahr 2010 gegen das „Gebot der Selbstlosigkeit“ verstoßen habe. Bestätigt wurde die Aberkennung der Gemeinnützigkeit nun in zweiter Instanz vom Finanzamt in Hamburg, dorthin ist die WHS mittlerweile umgezogen. Das sei keine Überraschung gewesen, sagt Schleisiek. Man habe beschlossen, nicht erneut gegen die Zurückweisung des Einspruchs zu klagen. So sei es leichter, die Gemeinnützigkeit für 2011 und folgende Jahre wieder zu erlangen. Für 2010 ging es um viel Geld: 1,33 Millionen Euro wurden per WHS an Wikileaks gespendet. Schleisiek schätzt, dass dem Staat durch die Aberkennung der Gemeinnützigkeit knapp 300.000 Euro zufließen – und den Spendern an potenziellen Steuererstattungen entgehen. Wikileaks, dessen Kopf Julian Assange nach wie vor in der Londoner Botschaft von Ecuador sitzt, um einer Auslieferung nach Schweden zu entgehen, hat seit Jahren Probleme, Spenden zu erhalten. Zahlungsanbieter wie Visa oder Paypal verweigern ihre Dienste – auch auf Druck der US-Regierung. Die WHS wurde zu einer wichtigen Alternativroute für Unterstützungsgelder.

BEN SCHWAN

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