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Die Ursache für die Aussteiger- und Reichsbügerbewegung dürfte an den Strukturen und an dem Verhaltenscodex liegen.
Die Natur hat Dominanzhierarchien und Territorialität hervorgebracht, um die natürlichen Rivalitäten um begrenzte Ressourcen zu entschärfen, ohne ständige Kämpfe um Tod oder Leben auszutragen (www.zeit.de/1978/4...r/komplettansicht).
Es ist längst bekannt bekannt, dass sich Menschen wie Wölfe verhalten. Bekannt wurde das durch den englischen Staatstheoretiker und Philosophen Thomas Hobbes. Die alternative Übersetzung zu „homo homini lupus“ lautet: „Denn der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, kein Mensch. Das gilt zum mindesten solange, als man sich nicht kennt.“ (von de.wikipedia.org/w...Homo_homini_lupus). Weiteres dazu unter www.ulrich-willmes...-des-menschen.html und www.spiegel.de/wis...chen-a-855853.html. Wer nicht zur dominanten Gruppe zählt, gilt nach dem angeborenen Verhaltenskodex als minderwertig und wird bekämpft. Neben Wölfen verhalten sich auch unsere genetisch am nächsten stehenden Schimpansen so. Die töten fremde Artgenossen und fressen diese manchmal, wie das auch bei Menschen vorkam.
Gesetze sollen in unseren Gesellschaftsformen offenbar diesem Verhaltenskodex entgegenwirken, was beim Praxistest durchfällt.
Nachteilig ist auch, dass die Organisationsstrukturen des kaiserlichen Obrigkeitsstaates, verstärkt durch Zuschnitte auf den nationalsozialistischen Führerstaat bis heute erhalten blieben. Die neue Gewaltenteilung des Grundgesetzes steht nur auf dem Papier, www.gewaltenteilung.de/#9.
Zur Wirkung der dem Verhaltenscodex entsprechenden Dominanzhierarchien kann man sich informieren unter
perspektive-online...nd-menschenrechte/ usw.
Vor ca. 1 Jahr hatte ich Gelegenheit, mit einem solchen Typen zu reden, der sich als „Reichsbürger“ oder zumindest Sympathisant zu erkennen gab. Nein, „Neonazi“ sei er keineswegs, im Gegenteil: Er lehne diesen „österreichischen Schnürschuh-Gefreiten“, der im WK 1 „nichts gelernt“ und im WK 2 „nichts gebracht“ habe, rundweg ab. Einen „richtigen Krieg“ könne eben nur ein „richtiger Kaiser“ führen. Dabei bezog er sich allerdings auf den deutsch-französischen Krieg 1870/71. Und der verlorene WK 1? – Na, der sei doch durch „Verrat“ verloren gegangen!
Die BRD betrachtet er nicht als Staat, sondern als „GmbH“, und die Bundesregierung als deren „Geschäftsführung“, die an die Weisungen aus den USA gebunden sei. Die Steuerzahlungs-Verweigerung sei daher völlig logisch: Wenn die Politik aus Amerika „ferngesteuert“ wird, mögen die Amerikaner auch für die Finanzierung sorgen!
Mit dem „Privatunternehmen“ BRD könne man aber durchaus „geschäftsmäßige“ Beziehungen unterhalten, z. B. betreffs der Sozialleistungen. Auch, dass die BRD die „Reichsautobahnen“ in Ordnung hält, findet er gut. Aber dass sich diese „BRD GmbH“ hoheitliche Aufgaben „anmaßt“, wie Gewaltmonopol und Strafrecht, sei aus seiner Sicht inakzeptabel!
Soviel zur Gedankenwelt dieser Leute!
Die AfD hat längst eine kritische Größe erreicht und sitzt in Machtpositionen. Der Antrag auf ein Parteiverbot kommt eher zu spät als zu früh.
Kommentar Reichsbürger-Prozess: Die Gefahr ist nicht gebannt
Reichsbürger wurden lange unterschätzt. Zwischen ihnen und der Polizei soll es Verstrickungen geben. Eine Aufarbeitung gibt es nicht.
Ein Mann, ein Regierungsbezirk: Die Reichsbürgerszene ist skurril und gefährlich Foto: dpa
Nervtötend vielleicht, gefährlich kaum: Die Reichsbürgerbewegung wurde lange unterschätzt. Trotz vielfacher Warnungen von Rechtsextremismus-Experten beschäftigten sich die Sicherheitsbehörden kaum systematisch mit diesem Spektrum.
Das änderte sich, als Wolfgang P. im Oktober 2016 in Franken einen Polizisten erschoss. Plötzlich war die Aufmerksamkeit groß für diese merkwürdige Szene, in der sich schrullige Verschwörungstheoretiker ebenso finden lassen wie überzeugte, gewaltbereite Rechtsextremisten.
Zehn Monate später fällt eine Bilanz der bisherigen Maßnahmen gemischt aus: Zwar hat der Verfassungsschutz die Szene endlich bundesweit in den Blick genommen, auch gibt es in einigen Ländern nun Erlasse, mit denen den besorgniserregenden rund 700 bewaffneten Reichsbürgern der Waffenschein entzogen werden soll.
Doch die Wirkung dieser Erlasse ist bislang in vielen Fällen begrenzt: Laut Recherchen des MDR wurden von den rund 100 bewaffneten Reichsbürgern in Sachsen und Thüringen erst weniger als zehn die Waffenscheine entzogen.
Nach zehn Monaten fällt die Bilanz der bisherigen Maßnahmen gemischt aus
Die zuständigen Kommunen klagen, die Hürden für den Entzug seien viel zu hoch, als dass das Verbot umgesetzt werden könnte. Auch auf den naheliegenden Schritt, in Zukunft gleich bei Erteilung des Waffenscheins durch eine Abfrage beim Verfassungsschutz zu überprüfen, ob der Anwärter der Reichsbürgerszene angehört, konnten sich die Innenminister bisher nicht einigen – auch künftig können Reichsbürger also so lange mit einer Waffe herumlaufen, bis durch eine Einzelüberprüfung auffällt, dass sie eigentlich gar keinen Waffenschein besitzen dürfen.
Dass sich die öffentliche Erregung über das Thema wieder gelegt hat, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die von der Reichsbürgerszene ausgehende Gefahr noch nicht gebannt ist. Das ist wichtig in diesen Tagen, in denen ein Innenminister die von einer linksradikalen Internetplattform ausgehende Gefahr beschwört, während die Bundespolizei eine Razzia gegen rechte Terroristen vor ihren eigenen Kollegen geheimhalten muss – aus Angst, diese könnten mit den Beschuldigten unter einer Decke stecken. Auch zwischen der Reichsbürgerszene und der Polizei soll es tiefe Verstrickungen geben – eine systematische Aufarbeitung sucht man hier bislang vergeblich.
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Verschwörungsmythen und Corona
Kommentar von
Malene Gürgen
Reportage und Recherche
Redakteurin im Ressort Reportage&Recherche | Jahrgang 1990 | Seit 2014 Redakteurin der taz, zunächst im Berlinressort | 2016-2020 schwerpunktmäßig Recherchen zur extremen Rechten, dazu 2019 "Angriff auf Europa" im Ch. Links Verlag erschienen (mit C. Jakob, P. Hecht, N. Horaczek, S. am Orde) | 2020-2022 als Produktentwicklerin verantwortlich für die Konzeption der wochentaz | 2022-2023 Redakteurin im Ressort Zukunft – Klima Wissen Utopien | Seit 2023 im Investigativteam der taz.
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