Wer vermisst diese Waffen?

Knüppel Nach den Indymedia-Razzien sorgen die beschlagnahmten Gegenstände für Verwirrung

LKA und Innenministerium präsentierten diese Funde Foto: LKA BMI/dpa

BERLIN taz | Die Waffen waren dem Innenminister wichtig. Am Freitag verkündete Thomas de Maizière auf einer Pressekonferenz das Verbot der Internetplattform linksunten.indymedia.org, schon im vierten Satz kam er auf die Funde zu sprechen: Bei Durchsuchungen habe die Polizei „Messer, Schlagstöcke, Rohre, Zwillen, Teleskopschlagstöcke, Butterfly-Messer“ beschlagnahmt. Jetzt sorgt diese Aussage für Ärger. Der Grund: Ob es einen direkten Zusammenhang zwischen den Waffen und den Linksunten-Betreibern gibt, ist offen. Zum Fundort gibt es widersprüchliche Angaben.

Wo hat die Polizei Durchsuchungen durchgeführt?

Die Polizei hat sowohl Wohnungen der mutmaßlichen Linksunten-Betreiber als auch das autonome Zentrum KTS in Freiburg durchsucht. Dieses wird von über einem Dutzend linker Gruppen genutzt, mehrmals fanden dort auch Linksunten-Workshops und -Solipartys statt.

Warum ist der Fundort wichtig?

Die Frage ist, ob die Waffen eindeutig den Linksunten-Betreibern zugeordnet werden können oder nicht. Befanden sie sich in der KTS, könnten sie allen möglichen Gruppen und Personen gehören, die das Zentrum nutzen. Für das vereinsrechtliche Verbot von Linksunten spielt es zwar keine zentrale Rolle, ob die Betreiber selbst Waffen besitzen. Für die öffentliche Wahrnehmung aber schon: Indymedia mit Waffen wirkt noch gefährlicher als Indymedia ohne Waffen. Außerdem liegt strafrechtlich bisher nichts gegen die Betreiber vor – das würde sich ändern, wenn sie verbotene Waffen horteten.

Sind die Waffen verboten?

Zumindest nicht alle. Auf einem Foto des LKA Baden-Württemberg sind vor allem Gegenstände zu sehen, deren Besitz erlaubt ist: Schlagstöcke, Quarzhandschuhe, normale Steinschleudern. Daneben liegen aber auch Gegenstände, deren Besitz verboten sein könnte: Butterfly-Messer, Elektroschocker und eine Steinschleuder mit Armstütze.

Was hat der Innenminister zum Fundort gesagt?

De Maizière sprach von Funden in „mehreren Objekten, die mit dem Betrieb der Plattform und dem Betreiberkreis in unmittelbaren Zusammenhang stehen“. Das Ministerium bebilderte auf seiner Homepage einen Artikel zum Linksunten-Verbot mit dem Waffen-Foto des LKA, schrieb den Fundort aber nicht dazu. Im Gespräch mit Journalisten streute das Ministerium die Information, dass die Gegenstände in der KTS und in einer Privatwohnung gefunden worden seien.

Warum gibt es daran Zweifel?

Der Blog Netzpolitik.org fragte das Innenministerium am Wochenende mehrmals nach dem Fundort der Waffen. Eine Pressesprecherin habe schließlich am Telefon mitgeteilt, „dass sämtliche Funde nicht in Privatwohnungen, sondern im autonomen Kulturzentrum KTS gemacht worden“ seien.

Lässt sich das verifizieren?

Das Innenministerium macht auf Nachfrage keine Angaben mehr. Ein Sprecher des LKA in Stuttgart dagegen bestätigte am Montag die ursprüngliche Aussage aus de Maizières Haus: Der Großteil der Waffen stamme aus der KTS, ein kleinerer Teil aber auch aus der Wohnung eines mutmaßlichen Betreibers. Um welche und wie viele Waffen es dabei genau geht, sagte er auf Nachfrage nicht. Die strafrechtlichen Folgen seien noch offen. Ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Karlsruhe sagte schließlich, dort sei „kein Vorgang bezüglich eines Verstoßes gegen das Waffengesetz anhängig“ – zumindest bislang. Tobias Schulze