Meuterei an der Elbe

VERKEHR In Altona wird über den Radweg am Elbstrand abgestimmt. Die Grünen-Fraktion zerwirft sich darüber

„Elbstrand retten“ möchte den Radweg am Strand verhindern. Die Initiative verweist darauf, dass der Strand so erhalten werden soll, wie er ist. Als Naherholungsgebiet sei er zu wichtig, die Umsetzung eines Radweges in der geplanten Form nicht machbar. Stattdessen solle nach Alternativrouten gesucht werden, zum Beispiel über die Elbchaussee oder die Bernadottestraße.

„Elbstrandweg für alle“ möchte einen drei Meter breiten Weg am Strand, der von Fahrradfahrern und Fußgängern genutzt werden kann. Er soll an der Mauer unterhalb des Kapitänsweges entlangführen. Für die derzeitige Belastung am Kapitänsweg und zur barrierefreien Erschließung des Strandes müsse ein Weg gebaut werden. Die Initiative will außerdem den Strand mit Sandaufschüttungen verbreitern.

von Philipp Steffens

Elbstrand retten“ oder „Elbstrandweg für alle“: In Altona wird per Bürgerentscheid über den geplanten Radweg am Strand von Övelgönne abgestimmt. Doch vor dem Abstimmungsende am 15. September streitet sich die Grünen-Fraktion in Altona öffentlich über ihre Haltung zu dem Vorhaben. 15 Grüne veröffentlichten eine Stellungnahme, in der sie sich gegen den Radweg stellen. Dabei war der Weg an der Elbe eine Idee von SPD und Grünen, die in der Bezirksversammlung von Altona die Mehrheit stellen.

Die Unterzeichner der Erklärung kritisieren, dass der Strand durch den Radweg kleiner werden würde, die Kosten zu hoch seien und der Strand nur ohne Radfahrer ein Wahrzeichen Hamburgs sei – so argumentiert auch die Bürgerinitiative „Elbstrand retten“.

Um nicht in den demokratischen Prozess einzugreifen, haben sich Grüne und SPD eigentlich zur Neutralität verpflichtet. In den Wahlunterlagen, die an über 200.000 Stimmberechtigte im Bezirk verschickt wurden, gibt es ein großes Infoheft, in dem alle Fraktionen und Gruppen ihre Meinung zu dem geplanten Radweg kundgeben. Die Stellungnahme der SPD und Grünen ist bewusst neutral gehalten, die anderen Parteien lehnen den Vorschlag ab.

Die abtrünnigen Grünen brechen nun mit der Neutralität, die von der Fraktion in Altona beschlossen wurde. Unterzeichnet wurde das Schreiben sowohl von Grünen aus Altona wie auch aus anderen Bezirken.

Gesche Boehlich, die Fraktionsvorsitzende der Grünen in Altona, ist sauer über das eigensinnige Vorgehen ihrer KollegInnen. Sie selbst habe von der Erklärung nichts gewusst und erst über die Medien davon erfahren. „Bei dem Bürger­entscheid verhalten wir uns neutral, das hat die Fraktion beschlossen“, sagt Boehlich. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit sei in Gefahr. Wie es jetzt innerhalb der Fraktion weitergeht, wisse sie noch nicht. Die Unterzeichner „müssen sich fragen, ob sie noch in der richtigen Partei sind“, meint sie. Dass auch Grüne aus anderen Bezirken bei der Stellungnahme beteiligt sind, ärgert sie: „Es ist üblich, dass man sich nicht in die Angelegenheiten anderer Bezirke einmischt. Man bleibt in seinem Revier.“

Das sieht Gudrun Schittik anders. Die Grüne gehört zur Fraktion in Harburg und hat sich öffentlich gegen den Radweg gestellt. „Der Strand gehört allen Hamburgern, es ist nicht allein die Sache von Altona, darüber zu entscheiden“, meint sie. Persönlich störe sie an dem Vorschlag, dass das Naherholungsgebiet an der Elbe den Verkehrswegen untergeordnet würde, dabei sei der Strand etwas Besonderes. Auch die Kosten für die Instandhaltung des Weges seien zu hoch.

Schittik geht noch weiter und kritisiert etwas Grundsätzliches an dem Radweg: Er zementiere das Bild der Grünen als Partei der Fahrradfahrer. „Die Grünen in Altona haben uns ex­trem geschadet. Wir werden nur noch als Fahrradlobby-Partei angesehen. Das ist ein Riesenfehler“, sagt sie.

Vor dem Bürgerentscheid waren die Pläne der Bezirksversammlung in der Öffentlichkeit zum Teil scharf kritisiert worden. Denn ein erster Vorschlag sah den Bau eines sechs Meter breiten Betonradwegs mitten über den Strand vor. Die Initiative „Elbstrand retten“ sammelte daraufhin über 13.000 Unterschriften gegen das Vorhaben und hatte damit genug Stimmen für einen Bürgerentscheid.

SPD und Grüne entschlossen sich Ende Juni deshalb dafür, ein zweites Bürgerbegehren, „Elbstrandweg für alle“, das für den Radweg in abgeänderter Form eintritt, ebenfalls zur Abstimmung freizugeben. Laut der Welt sorgte dies in der Bezirksversammlung für Tumulte, die anderen vier Fraktionen verließen den Saal.

Auf dem Wahlzettel stehen nun beide Initiativen und eine Stichfrage. Sollten beide Vorschläge mehrheitlich angenommen werden, wird über die Stichfrage entschieden, welches Begehren gelten soll. Zwei getrennte Abstimmungen wurden vermieden, damit die Initiativen nicht gegeneinander ausgespielt werden können.