Cash Queens Wanted

Clubkultur Die zehn erfolgreichsten DJs sind 2017 alle männlich. Das geht jeden etwas an

2012 veröffentlichte das Forbes Magazine erstmals eine Hitliste der weltweit am besten verdienenden DJs und ernannte diese zu den „Electronic Cash Kings“. Seither gab es jedes Jahr ein Schaulaufen der Superverdiener. An der Titulierung „Kings“ änderte sich indes nichts. Wozu auch? Frauen und Menschen mit nichtbinären Geschlechts­identitäten sucht man Jahr um Jahr vergeblich, und auch in diesem Jahr finden sich in der seit 2013 von DJ, Producer und ­Taylor-Swift-Verflossenem ­Calvin Harris angeführten Liste nur männliche Künstler.

Tiësto liegt mit 39 ­Millionen Dollar um fast zehn ­Millionen Jahresverdienst hinter Harris zurück. Ihm dicht auf den ­Fersen sind mit 38 ­Millionen die Chainsmokers, deren EDM-Track ­#Selfie 2014 in keiner Großraumdisse fehlte. Dank Welttournee und Synthiepop­singles mit sinnigen Zeilen wie „We were staying in Paris / To get away from your parents“ ist das Duo dieses Jahr zum ersten Mal dabei. Ebenfalls neu auf der Liste ist Marshmello, der es mit einer Marshmallowmaske auf dem Kopf und 21 Millionen Einnahmen im Jahr immerhin auf den achten Platz geschafft hat. David Guetta fährt mit der Schiene, berühmte Popsänger auf den Drop hinarbeiten zu lassen, nach wie vor gut, und Dubstepkoryphäe Skrillex konnte dank Liebäugelei mit Tropical House seinen Dauerplatz auf der Liste ebenfalls weiter verteidigen.

Da monetärer Erfolg und Lob seitens der kritischen Hörerschaft sich gerade im Bereich der Clubmusik oft diametral gegenüberstehen, werden viele Musikliebhaber für die Liste nur ein Augenrollen übrig haben. Mainstreamclubmusik, das ist effekthaschendes Signalgeballer, gespickt mit sinnentleerten Vocals, instant gratification für die Festivalmassen, die zu Abertausenden die Feuerexplosionen bestaunen, die mit dem Drop eines Diplo oder Martin Garrix einhergehen. Trotzdem geht die mangelnde Diversität der Liste auch den größten Technosnob etwas an – denn sie steht für ein Repräsentanzproblem, das sich durch die gesamte Clubszene zieht. Neben Merchandising, Plattenverkäufen und Werbedeals machen bis zu siebenstellige Auftrittsgagen einen nicht unerheblichen Teil der von Forbes errechneten Einnahmen aus. Und gebucht werden nach wie vor größtenteils Männer. Von den insgesamt 59 Sets, die dieses Jahr auf der Mainstage des Tomorrowlands gespielt wurden, stammten nur vier aus Frauenhand, und aus Statistiken des internationalen Musikerinnennetzwerks female:pressure geht hervor, dass 2015 bei insgesamt 45 Festivals für elektronische Musik ein durchschnittlicher Männeranteil von 82,3 Prozent herrschte. Bei den Club-Bookings sah es mit 88,8 Prozent Männeranteil nicht besser aus. Immerhin, in den Musikvideos der „Cash Kings“ tauchen Frauen häufig auf. Da dürfen sie beispielsweise bikinibekleidet und breit grinsend ins abendliche Gegenlicht eines mexikanischen Strands laufen. Dass Sexismus 2017 immer noch mainstreamtauglich ist, wäre damit endgültig bewiesen. Donna Schons