Haftstrafe für Salzburger Bürgermeister

Österreich Heinz Schaden und sechs Mitangeklagte wegen dubioser Zinstauschgeschäfte verurteilt

WIEN taz | Drei Jahre Haft, zwei davon auf Bewährung. Das am Freitagabend vor einem Salzburger Schöffensenat gefällte Urteil gegen Heinz Schaden (SPÖ) traf den langjährigen Bürgermeister der österreichischen Stadt Salzburg in seiner Härte unerwartet. Auch die sechs Mitangeklagten wurden allesamt schuldig gesprochen. Obwohl die Verurteilten in der Berufung auf ein milderes Urteil hoffen können, ist alles andere als ein Rücktritt des seit 1999 regierenden Bürgermeisters an diesem Montag undenkbar.

Mit vier Jahren Verspätung hat der Finanzskandal, der schon 2013 die SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller zu Fall brachte, jetzt auch Salzburg eingeholt. Damals ging es nur um politische Verantwortung und daher ohne strafrechtliche Konsequenzen.

Im jetzt verhandelten konkreten Fall geht es um Swaps, also Zinstauschgeschäfte, wie sie vor dem Ausbruch der Finanzkrise vor neun Jahren in den Gebietskörperschaften allgemein in Mode waren. Banken und Finanzberater schwatzten den Gemeinden damals „kreative“ Geschäfte wie Fremdwährungskredite, Swaps, Derivate oder Cross-Border-Leasing auf.

Anfangs ging der Plan, die Steuergelder durch die Wohltaten des Finanzmarkts zu mehren, auch für viele auf. Die Stadt Salzburg konnte genauso wenig widerstehen wie zahlreiche andere Kommunen und Bundesländer.

Noch 2007, ein Jahr vor dem Zusammenbruch der Lehman Brothers, wollte Schaden die Reißleine ziehen und fädelte über den damaligen Finanzlandesrat Othmar Raus einen Deal ein, der die Stadt entlasten sollte. Das Land übernahm sechs negativ bewertete Swaps der Stadt Salzburg. Ohne Gegenleistung. Das wurde Schaden jetzt zum Verhängnis. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Untreue zulasten des Landes vor. Schadenshöhe: geschätzte 4,8 Millionen Euro.

Geständig war einzig die frühere Budgetreferatsleiterin des Landes Monika Rathgeber, deren Enthüllungen schon vor vier Jahren zum Sturz der Landesregierung geführt hatten. Sie war wegen anderer Vergehen bereits verurteilt worden.

Die Verurteilten waren insofern von der Härte des Richterspruches überrascht, als keinem von ihnen persönliche Bereicherung oder Korruption vorgeworfen worden waren. Heinz Schaden, der der Stadt inklusive seiner Amtszeiten als Vizebürgermeister insgesamt ein Vierteljahrhundert gedient hat, kommt aus einer Zeit, als das Land für die Schulden der Kommunen geradestand. Der öffentlichen Hand insgesamt ist ja kein Schaden dadurch erwachsen, dass die Verluste aus den Swap-Geschäften von der Stadt auf das Land übergegangen sind. Auch die Wirtschaftsjournalisten zeigen mehrheitlich Verständnis für die Transaktionen von Heinz Schaden, „mit denen er seiner Stadt nur helfen wollte, aus einem selbst verschuldeten Schlamassel her­auszukommen, sich nicht bereicherte und nicht einmal einen Schaden für Österreichs Steuerzahler verursacht hat“. So schreibt beispielsweise Eric Frey in der Tageszeitung Der Standard.

Dem Wortlaut des Gesetzes nach sei er zwar offensichtlich schuldig, „aber aus nichtjuristischer Sicht ist das Urteil des Salzburger Schöffengerichts schwer zu verstehen“. Heinz Schaden kann jetzt nur noch darauf hoffen, dass der Berufungsrichter das auch so sehen wird.

Ralf Leonhard