„Marsch der Muslime“ gegen Terror: Religiöse Pflichtübung

60 Imame reisen durch Europa, um ein Zeichen gegen den Terror zu setzen. Am Berliner Breitscheidplatz kommen nur 200 Menschen dazu.

Mehrere Männer stehen vor der Gedächtniskirche

Auf Distanz zum Terror: Imame und Demonstranten vor der Gedächtniskirche Foto: dpa

Marschieren, ein Wort, das vor allem im Deutschen sehr an das Militär erinnert, bekommt ein neues Image: Neuerdings marschiert man für den Frieden von Berlin nach Aleppo, für die Demokratie von Ankara nach Istanbul, und in Frankreich ist seit Macron sogar die ganze Republik „En Marche!“.

Die jüngste dieser Bewegungen, „Der Marsch der Muslime gegen den Terror“, der am Sonntag seinen ersten Halt am Berliner Breitscheidplatz erreichte, kommt auch aus Frankreich. Er wurde von zwei Freunden, dem Imam Hassen Chalghoumi und dem jüdischen Schriftsteller Marek Halter, ins Leben gerufen. In Frankreich machen sich die beiden schon lange für einen liberalen Islam und gegen interreligiösen Hass stark.

Ihr jüngstes Projekt vereint etwa 60 Imame, die am Samstag mit einem Reisebus von der Champs-Élysées nach Berlin aufbrachen. Nach einer Kundgebung am Breitscheidplatz geht es weiter über Brüssel, Toulouse und Nizza, zurück nach Paris, wo sie am 14. Juli ankommen wollen. Vor Ort werden sie gemeinsam mit Zivilisten und Vertretern anderer Religionen der Opfer des jeweiligen Terroranschlags gedenken.

So auch am Breitscheidplatz: Begonnen wurde mit einer Pressekonferenz in der Gedächtniskirche. Neben der klaren Distanzierung vom Terror sprachen die Imame hier auch über die Opfer, die sie auf sich nehmen müssen, um an dieser Bewegung teilzunehmen. Einige hätten aus radikalen Kreisen Morddrohungen erhalten, würden in der muslimischen Gesellschaft als Kollaborateure dargestellt und müssten nun um ihre Stelle als Imam in Frankreich fürchten.

Danach ging es um 12.30 Uhr vor die Kirche. Hier, nur 10 Meter von dem Ort des Attentats des 19. Dezember 2016 entfernt, sprachen Vertreter des evangelischen, katholischen, jüdischen und islamischen Glaubens, die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli und ein Vertreter des Zentralrats der Muslime. Chebli rief in ihrer Ansprache Muslime dazu auf, sich „immer wieder vom Terror zu distanzieren, aufzustehen und zu sagen: „Wir haben nichts damit zu tun.“ Das sei ihre Pflicht, da sich die Terroristen bei ihren Attentaten auf den Islam bezögen.

Damit spielte sie wohl auf die bisher eher geringe Beteiligung von Muslimen an Aktionen gegen den Terror an. Die Demonstration „Nicht mit uns“ in Köln und Berlin schaffte es nur, circa ein Zehntel von den erwarteten Beteiligten auf die Straße zu bringen. Am Breitscheidplatz fanden sich circa 200 Menschen ein, um der Kundgebung beizuwohnen.

Auch wenn das immer noch nicht die Zahlen sind, die sich viele erhoffen, ist eine internationale Initiative gegen den Terror mit Imamen aus aller Welt immerhin ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

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