Treffpunkt Pavillon

Serpentine Gallery Der burkinisch-deutsche Architekt Francis Kéré baut im Hyde Park

Es ist ein heißer Sommertag in London. Während einige Londoner sich im Kunstsee des Hyde Parks abkühlen, flüchten sich andere lieber in den Schatten der Bäume. Mitten im Park bietet jedoch auch ein neues offenes spiralförmiges Holzgebäude, das von einem lichtdurchlässigen Dach aus Holzstreben überragt wird, Schatten.

Entlang den aus dreieckig geformten Holzbausteinen bestehenden blauen rundlichen Wänden stehen Bänke und Hocker, auf denen Gruppen allen Alters Pause machen, die leichten Kurvungen laden zum Gespräch ein. Dabei sind die Wände offen und erlauben sowohl Lichtdurchlass als auch transparente Durchblicke nach hinten. Von der Mitte des Daches, welches sich von hier wie ein trichterförmiger Fächer nach oben streckt, kann das starke Sonnenlicht frei hineinströmen und den Bau von innen aus aufhellen. Schulkinder sitzen auf dem Boden und skizzieren die dreieckigen Strukturen. Nebenan werden Getränke an einer Theke verkauft.

Mit diesem nur temporären Pavillon der Serpentine Gallerie hat der burkinische, in Deutschland ansässige Architekt Diébédo Francis Kéré ein Gefühl aus seiner semiaridischen westafrikanischen Heimat in den königlichen Hyde Park getragen. Und doch passt seine Struktur genau hier hinein, die lokale Anpassung ist eine der Stärken des Architekten. Das Konstrukt solle wie ein schattengebender Baum wirken, ein Treffpunkt allen Lebens in Gando, einem Dorf in Burkina Faso, in dem er aufwuchs. Auch hat Kéré die Struktur den anderen Londoner meteorologischen Gegebenheiten angepasst, denn das Dach des Pavillons bietet nicht nur Schatten, sondern auch Schutz vor Regen und sammelt dabei das Regenwasser in seiner Mitte. Und wird symbolisch zur Bewässerung des Parks umgeleitet.

Aber Leitmotiv des Pavillons wie auch des Architekturstils Kérés ist das Offene. Durch seine schneckenförmige offene Form ist der Pavillon nicht nur durchsichtig und luftdurchlässig, sondern von vier Seiten gleichzeitig zugänglich. Wer hier sitzt, schaut in das Grün des Parks oder sieht es durch die Fugen der Wand durchschimmern. „Es soll ein Leuchtfeuer, ein Symbol des Geschichtenerzählens und Beisammenseins sein“, beschreibt Kéré das Projekt, zu dem außerdem noch eine hölzerne Rutschbahn gehört – zur Freude etlicher Kinder, die sich darauf tummeln. Dem Sinn eines sozialen Treffpunkts entsprechend hat die Galerie verschiedene Vortragsreihen und Theater unter dem Dach des Pavillons organisiert.

Für den bereits von Aga Khan gekrönten Architekten Kéré ist der Pavillion in der Serpentine Gallery eine verdiente und wichtige Anerkennung. Unter den 16 vorherigen PavillonarchitektInnen befanden sich bereits Namen wie Zaha Hadid, Daniel Libeskind und Ai Weiwei. Als Allererster darunter mit einer Abstammung vom afrikanischen Kontinent, beweist Kéré in sanfter Weise, wie sich Konzepte aus der Sahelzone auch ohne Weiteres in einen englischen Park einschmiegen können.

Daniel Zylbersztajn