NATALIE TENBERG DER WOCHENENDKRIMI
: Nackig unterm Schreibtisch

Stellen Sie sich an diesem Sonntag auf einen Betroffenheits-„Tatort“ aus Dortmund ein. Der geht so: Im Problembezirk Nordstadt wird der Drogendealer und Zuhälter Serkan Bürec (Yusuf Erdogan) erschossen, nun sitzt er mausetot hinter seinem Schreibtisch. Kriminalhauptkommissar Faber (Jörg Hartmann) trifft ein – der mal wieder ganz ordentlich mit eigenen Problemen zu kämpfen hat – und sieht: Beim Toten liegt nicht nur ziemlich viel Kokain auf der Tischplatte, auch unterm Tisch muss etwas gelaufen sein. Was beim Zuschauer, der sein Leben in einem neonbeleuchteten Müffelbüro verbringt, die Frage aufwirft, warum ein Mensch aus Bürecs Milieu nicht auch wenigstens dekadent auf einer Chaiselounge sterben durfte.

Nun gut, die Polizei sucht nach einer Prostituierten, deren Speichelspuren auf dem entblößten Glied des Toten gefunden wurden. In der Folge schauen Faber und seine Kollegin Martina Bönisch (Anna Schudt) bei lauter Dortmundern vorbei, die wohl zeigen sollen, wie mies es bei uns zugeht: ein türkischer Geschäftsmann (Adrian Can), der bulgarische Tagelöhner gnadenlos schröpft; eine Streetworkerin (Tanja Schleiff), die sich um Mädchen vom Straßenstrich kümmert.

Die Bönisch trägt ihre eigenen Geheimnisse mit sich herum, der Zuschauer erfährt: Prostitution und Drogen sind ein gesamtgesellschaftliches Problem, aber vor allem die im sozialen Abseits sind angeschmiert. Wie eben die Bulgaren. Sie zahlen eine Wuchermiete, und wenn sie nicht zu Hause in ranzigen Doppelstockbetten herumliegen, dann verrichten sie für wenig Geld niedere Arbeiten.

Der ganze Fall ist so einfach gestrickt, dass es Spaß macht, zuzuschauen. Die Chancen stehen nämlich hoch, dass man rasch errät, wer der Mörder ist. Auf die Psychonummern des von Schicksalschlägen gebeutelten Herrn Kommissar muss man sich dann zum Glück gar nicht erst einlassen.

 Dortmund- „Tatort“: „Mein Revier“; Sonntag, 20.15 Uhr, ARD