Berliner Szenen
: Ein großer Spinner

Kleine Hände

Die Luft zittert von den sehnsüchtigen Wünschen der Kinder

Fup will Taschengeld und sich davon etwas kaufen, aber ich soll auf keinen Fall mitgehen. Das macht mich skeptisch. „Ich will allein gehen“, sagt Fup. „Nein, ich komme mit“, sage ich. „Nein“, sagt Fup. „Doch“, sage ich.

Schließlich gehe ich mit ihm raus und behalte ihn im Auge. Fup steuert den nächsten Kiosk an. Er kommt ohne irgendetwas wieder heraus. „Hast du dir nichts gekauft?“, frage ich. „Nein, er kriegt das erst wieder in zwei Stunden.“ – „Was?“, frage ich. Dann geht mir ein Licht auf: Spinner. „Aber für 2 Euro kriegst du doch keinen Spinner. Der kostet 5“, sage ich. „Der Mann hat mir letztes Mal einen Lolli geschenkt, vielleicht gibt er mir dann ja auch den Spinner billiger“, sagt Fup. Inzwischen hat er nur noch 1,50 Euro, weil er ein 50-Cent-Stück verloren hat. Er tauscht die 1,50 bei mir wieder gegen 2 Euro ein. Außerdem hat er noch einen Cent. „Bist du verrückt?“, sage ich. „Ich kaufe dir nicht jeden Tag einen Spinner.“ – „Ich kaufe mir doch einen von meinem Geld“, sagt Fup. „Du kriegst für 2 Euro keinen Spinner“, sage ich.

Es ist erstaunlich, wie häufig man die gleichen Argumente austauschen kann, ohne irgendein Ergebnis zu erzielen.

Fup verschwindet in einem anderen Spätkauf. Er ruft mich. Eine Traube von Kindern drängt sich um den Verkäufer. Er hat große und kleine Spinner in unterschiedlichen Formen und Farben und einen, der sogar blinkt. Ein Kind hat bereits drei Spinner. Ein anderes zwei. Und beide wollen noch einen. Was geht hier vor, frage ich mich. Die Luft zittert von den sehnsüchtigen Wünschen der Kinder. Wie kann das sein, dass plötzlich so ein Hype um so ein vollkommen sinnloses Ding entsteht?

Ich knicke ein. Fup kauft einen großen Spinner für 12 Euro. Dann stellt Fup fest, dass er gar nicht mit dem Spinner spielen kann, weil seine Hände zu klein sind. Tja, dann muss ich wohl ein bisschen damit spielen. Klaus Bittermann