Alles gut, Genossen?

Unterbezirks-Parteitag: Die SPD glaubt, sie habe die Wahl gewonnen – und weiß nicht, wie sie ihre Stammwähler zurückgewinnen soll

Bremen taz ■ Es ist so, als sei nichts gewesen bei der SPD. Der Unterbezirk Bremen-Stadt tagt an diesem Dienstag Abend und Genossen sitzen zusammen, bei Wasser, Bier und Würstchen. Die Stimmung ist nicht schlecht, obwohl die Partei gerade bei der Bundestagswahl eines der schlechtesten Ergebnisse in ihrer Geschichte eingefahren hat. „Wir machen eine Große Koalition unter Gerhard Schröder“, sagt ein älterer Genosse aus der Neustadt und beißt in sein Würstchen. „Knack“, macht es und wirkt so, als habe er mal eben Angela Merkel weggebissen. Und der Wahlerfolg der Linkspartei? „Ach was“, sagt der Mann, „das sind Wähler, die zu uns gehören, die holen wir zurück“.

Das hört das Publikum häufiger an diesem Abend. Der soliden, aber nicht begeisternden Rede ihrer Unterbezirksvorsitzenden Carmen Emigholz folgen die Genossen leidlich. „Wir sind die Schutzmacht, derjenigen, die soziale Rechte beanspruchen“, ruft Emigholz und der Beifall kommt reflexartig. Alle Redner versuchen deutlich zu machen, dass die Linkspartei eine Gefahr für die Sozialdemokratie ist. In den Arbeiterquartieren und den Hochhaussiedlungen hat die SPD so viele Prozente verloren wie nirgendwo sonst. Diesen Verlust kann die SPD in anderen Stadtbezirken nicht kompensieren. „Wir müssen dahin wo die soziale Lage der Menschen kompliziert ist. Wir haben eine politischen Auftrag, ihnen eine Perspektive zu bieten“, sagt Landeschef Carsten Sieling und fordert bessere Schulen und Kindergärten für die benachteiligten Stadtteile.

Doch viele der Genossen nehmen die Linkspartei nicht als Problem wahr. In der Aussprache wird mächtig durcheinander gequatscht. Das Transparent, auf dem „Mitreden“ steht, nehmen die Genossen wörtlich. Allerdings hören sie nicht zu – etwa dem Bürgerschaftsabgeordneten Joachim Schuster, der sagt, dass das Image der SPD als Partei der sozialen Gerechtigkeit angeknackst ist. Oder wenn sein Kollege Jürgen Pohlmann sagt, dass es vielen schwer gefallen sei bei dieser Wahl ihr Kreuz bei der SPD zu machen.

Denn die Welt der Sozialdemokraten scheint in Ordnung: Der Kanzler hat ihnen eingeredet, dass man die Wahl nicht verloren habe. In Bremen ist ein vergleichsweise gutes Ergebnis erzielt worden. Und selbst wenn die Linkspartei bei der Bürgerschaftswahl 2007 ein paar Stimmen bekommt: Für eine SPD-geführte Koalition wird es schon reichen. Hoffen die Delegierten. „Die Ortsvereine sind in diesem Wahlkampf vitaler geworden“, sagt der stellvertretende Unterbezirksvorsitzende Frank Schmitz. Kay Müller