Diese Wurschtigkeit

MARIAM LAU, Jahrgang 1962, ist Meinungschefin von Springers Welt.

Zum Schluß konnte ich ihn nicht mehr sehen. Immer diese sorgenzerfurchte Stirn – bei gleichzeitiger Wurschtigkeit im ministerialen Alltagsgeschäft (Visa) –, mit der er uns signalisierte, daß er, während wir schliefen, an der Lösung von Weltproblemen laborierte, von denen wir normalen Sterblichen uns überhaupt kein Bild machten! Andererseits ist eins ganz sicher: er hat nicht erst im Kosovo die Linke aus der Schwermutshöhle in die Gegenwart der Bundesrepublik gelockt, sondern schon 1976 beim Pfingstkongreß des Sozialistischen Büros, als er vor hunderten von Leuten gegen politische Gewalt agierte. Er war einer der wenigen, die in den Achtzigern die antitotalitäre Kehre der französischen Nouvelles Philosophes mitvollzogen und der die Lektion daraus auch auf den islamistischen Totalitarismus übertragen hat. Daß ihn diese Einsichten dann nicht für den Sturz Saddam Husseins begeistern konnten, daß er sich nicht mal zur Unterstützung der iranischen Studenten durchringen konnte, die sich 1999 in Teheran die Köpfe einschlagen ließen – das will mir nicht in den Kopf. Dann wieder: Ohne Fischer ist wie Schwarzweißfernsehen.