Vermurkste Generalprobe

Confed Cup Der Wille war da, allein die Qualität reichte vorne und hinten nicht: Gastgeber Russland ist nach einem 1:2 gegen Mexiko erwartungsgemäß bereits in der Vorrunde ausgeschieden. Überrascht hat das niemanden

Ja wo laufen sie denn? Ins Aus, ins Aus! Foto: ap

aus Kasan Andreas Rüttenauer

Es ist geschehen, womit beinahe alle in Russland gerechnet haben. Doch nach dem 1:2 der Sbornaja gegen Mexiko in Kasan und dem damit einhergehenden Vorrundenaus im Confed Cup herrscht alles andere als Staatstrauer im Gastgeberland der Fußball-WM 2018. Irgendwie waren Spieler und Trainer alle traurig über das, was da geschehen war, doch es gab niemanden, der gesagt hätte, er habe mit einem Weiterkommen gerechnet.

Die Nationalmannschaft ist alles andere als der Stolz der Nation, Erwartungen gibt es schon lange keine mehr an das Team. Und nicht einmal Multifunktionär Witali Mutko, seines Zeichens stellvertretender Ministerpräsident der russischen Föderation, Präsident des Russischen Fußballverbands und Vorsitzender des Organisationskomitees der Fußball WM 2018, mochte ein böses Wort über die traurige Performance der Nationalmannschaft verlieren.

Gute erste 20 Minuten im Spiel gegen Mexiko, ordentliche letzte 20 Minuten im Spiel gegen Portugal (0:1) und ein zusammengemurkster 2:0-Erfolg gegen die Nichtfußballnation Neuseeland – das ist, was von den Auftritten der Russen bei dieser WM-Generalprobe bleibt. Mutko sagte nach dem Spiel sogar, ihm habe gefallen, wie die Mannschaft bei dem Turnier aufgetreten sei.

Immerhin eine Randnotiz sind russischen Sportmedien die Dopingenthüllungen der Mail on Sundaywert. Demnach überprüft die Fifa die Vorwürfe, nach denen die russische WM-Auswahl 2014 in das Staatsdopingsystem eingebunden war. Aus dem Confed-Cup-Kader sind fünf Spieler betroffen: Igor Akinfejew, Juri Schirkow, Aleksandr Samedow, Denis Gluschakow und Maxim Kanunnikow. Da flog Russland auch nach der Vorrunde sieglos raus.

Der Wille habe gestimmt, es sei Teamgeist zu spüren gewesen und mehr sei eh nicht zu erwarten gewesen, man könne schließlich nicht erwarten, dass Außerirdische in Russland landen würden, um für die Sbornaja zu spielen. „Andere Spieler haben wir nicht“, so Mutko, der auf Nachfrage bestätigte, dass Stanislaw Tschertschessow als Cheftrainer im Amt bleiben wird.

Der ehemalige Torwart, der einmal mehr im taubengrauen Dreiteiler an der Linie stand, ist keineswegs amtsmüde. Er möchte das Team auch bei der WM betreuen. Selbstkritik seine Taktik gegen Mexiko betreffend wollte er nicht gelten lassen. Und er konnte nicht verstehen, wie man sich wundern kann, dass ein Team, das unbedingt gewinnen muss, um weiterzukommen, mit einer Fünferabwehr aufs Feld geschickt wird.

Als der Mexikaner Néstor Araujo zum 1:1-Ausgleich getroffen hatte, da fragten sich die Beobachter schon, wie es denn sein kann, dass schon wieder eine 40-Meter-Flanke aus dem linken Halbfeld von einem freistehenden Angreifer ins Tor geköpft werden konnte. Schon das 0:1 gegen Portugal, das ganz genauso entstand, war ein Lehrbeispiel dafür, wie man derartige Flanken nicht verteidigt. Das kann auch Witali Mutko eigentlich nicht gefallen haben.

Putin hatte sich schon nach dem Eröffnungsspiel verabschiedet

Doch dem Sporthäuptling des Landes ist längst klar, dass Russland bei der WM im nächsten Jahr sportlich sowieso nicht wird punkten können. Jetzt geht es darum zu zeigen, dass das Land organisatorisch alles im Griff hat. Die Fifa sei vollauf zufrieden, meinte Mutko, als er vor dem Spiel in Kasan eine Zwischenbilanz aus Organisatorensicht zog. Der Fan-Pass, ohne den man kein Ticket kaufen könne, sei auch mit Blick auf die Sicherheit ein voller Erfolg. Die Fans würden gut und gerne mit Flugzeug und Bahn durchs Land reisen und die kleinen Problemchen, wie man etwa das mit diesem vermaledeiten Videobeweis so hinbekomme, dass es niemanden nerve, werde man auch noch lösen können. Wenn Russland schon keine Supermannschaft aufs Feld bringt, dann will man eben der Supergastgeber sein.

Staatspräsident Wladimir Putin hatte sich übrigens schon nach dem Eröffnungsspiel von der Nationalmannschaft verabschiedet. Er ließ sich bei den Losern nicht mehr sehen. Am Samstag war er auf der Krim, wo er die Sommersaison in einem frisch sanierten internationalen Jugendlager, dem zu Sowjetzeiten größten Pionierlager der UdSSR, eröffnet hat. Dort wurde er von Jugendlichen in bunten Hemden gefeiert, die derart diszipliniert auftraten, als hätten nordkoreanische Massenchoreographen mit ihnen trainiert. Die Fahnen der internationalen Gäste wurden präsentiert. Und siehe da, neben Italien, Usbekistan oder Australien wurden auch die Flaggen der autonomen ostukrainischen Scheinrepubliken Donezk und Lugansk präsentiert. In der Pause der TV-Übertragung des Mexiko-Spiels wurde ausführlich über Putins Krimreise berichtet. Die Botschaft war eindeutig: So sieht ein Sieger aus.