Kommentar Mazedonien: Namenssuche und Gebietsansprüche

Seit vielen Jahren streiten Mazedonier und Griechen über die Bezeichnung „Mazedonien“. Jetzt gibt es Hoffnung auf eine baldige Einigung.

Ein Mazedonier demonstriert mit einem Plakat in der Hand. Darauf steht "Stoppt den griechischen Rassismus".

Griechenland will, dass Mazedonien seinen Namen ändert. Viele Mazedonier sind dagegen Foto: dpa

Erstmals seit 25 Jahren stehen die Zeichen wieder günstig, einen scheinbar absurden Konflikt zu lösen: Seit dem Zerfall Jugoslawiens streiten sich Athen und Skopje um den Namen „Mazedonien“. Griechenland befürchtet Gebietsansprüche auf die gleichnamige nordgriechische Region.

Über hundert Staaten scheinen diese Sorgen nicht zu teilen und haben die Republik Mazedonien unter diesen Namen bereits anerkannt. Für den jungen Staat spricht seine geopolitische Schlüsselposition und auch eine nüchterne Betrachtung der Sachlage: Es wäre doch irrational, dass ausgerechnet von einem derart kleinen und militärisch schwachen Staat eine Expansionsgefahr ausgehen sollte. Wobei die Griechen andererseits darauf hinweisen, dass auf dem Balkan so manches irrational ist und trotzdem immer wieder vorkommt.

Mutige Politiker auf beiden Seiten haben schon in der Vergangenheit versucht, den Namenskonflikt im Einvernehmen zu lösen. Im inzwischen fernen Jahr 1992 hätte es der damalige EU-Vermittler João de Deus Pinheiro fast geschafft, den scheinbar unlösbaren Konflikt zu entkräften: Seinen Vorschlag für einen Kompromiss-Namen sahen beide Seiten damals eigentlich positiv. In letzter Minute konnte der innenpolitisch geschwächte Regierungschef Griechenlands Konstantin Mitsotakis diesen Weg dann nicht mehr gehen.

In den letzten Jahren hatte sich das Blatt allerdings gewendet: Nicht mehr die Regierungen in Athen, sondern das Gruevski-Regime in Skopje lehnte jeden Kompromiss ab. Nun weht auch dort frischer Wind.

Beide Staaten wissen wohl, dass sie aufeinander angewiesen sind

Die Chance ist wieder da. Aufmerksamen Beobachtern dürfte nicht entgangen sein, dass der Konflikt um Mazedonien nie offen ausbricht, auch wenn er manchmal lautstark ausgelebt wird. Beide Staaten wissen wohl, dass sie aufeinander angewiesen sind. Sie sollten nicht weitere 25 Jahre auf eine Lösung warten. Und die Griechen haben bestimmt kein Interesse daran, ausgerechnet in dieser Region und zu diesem Zeitpunkt ein Machtvakuum entstehen zu lassen.

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Jahrgang 1969, berichtet aus Athen u.a. für die taz und die Deutsche Welle. Er studierte Jura in Bonn und war langjähriger freier Mitarbeiter des WDR und der Deutschen Welle. Auch in Griechenland hat er als Redakteur und Live-Moderator gearbeitet.

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