Warum nicht eine Currywurst?

Entscheidungshilfe Kreuz oder nicht Kreuz: Ganz Berlin streitet sich ums künftige Topping der Schlosskuppel.Nur die taz hat mal wieder einen konstruktiven Vorschlag

Foto: Montage: taz; Material: SHF/Franco Stella mit FS HUF PG (Rendering), Flickr CC, Wikipedia CC

von Claudius Prößer

Jetzt wollen sie also ihr Kreuzchen machen, die feinen Herren von Schloss-Stiftung und -Förderverein – aber demokratisch ist daran natürlich nichts: Es geht um den vertikalen Abschluss der Kuppel, die Krönung der Palast-Replik, welche die Weltoffenheit des Humboldt-Forums in steinernes Preußentum verpackt. Da soll, janz wie vorm Kriege, das Christen-Logo drauf, auch wenn keine Kapelle mehr drin ist. Finden nicht alle gut.

Fast vier Wochen ist es mittlerweile her, dass die Stiftung Zukunft Berlin die Öffentlichkeit davor warnte, dem geplanten „Ort des weltweiten Dialogs“, wo „die Kulturen der Welt auf Augenhöhe und ohne Hierarchisierung zu Hause“ sein sollen, den Marterpfahl in Gold aufzupflanzen. Ganz dialektisch argumentierten die Skeptiker: Ein Kreuz als rein historisches Schmuckelement? „Christen dürften davon wenig begeistert sein.“

Aber hey, so weit denken die meisten Christen ohnehin nicht. Gerade in Berlin. Wer dieser Tage auf die Straße gegangen wäre, um einen von ihnen nach der Bedeutung von Pfingsten zu fragen, hätte erst mal lange keinen gefunden, und der hätte dann vermutlich auch nur geraten. Hat Jesus damals den Karneval der Kulturen ins Leben erfunden? So was in der Richtung.

Die Kreuzesfreunde halten dagegen, ein bisschen christliche Corporate Identity gehöre halt zum Schloss wie der Bart zum Kaiser, und man solle mal kein schlechtes Gewissen haben wegen unguter Gefühle bei Muslimen, Hindus, Atheisten oder Mathematikern.

Wilhelm von Boddien, als Fördervereinschef oberster Spendeneintreiber fürs barocke Äußere, salbaderte, die gekreuzten Balken stünden für „Vergebung und Nächstenliebe“, schließlich stehe auch das Internationale Rote Kreuz unter diesem Symbol. Halbwahres Geschwätz, schließlich ist das Kreuz vom Roten Kreuz in erster Linie die farbliche Umkehrung der Schweizerflagge, und deren Christlichkeit ist weniger klar belegt als etwa die des eisernen Kreuzes, unter dem einst Boddiens Adelsgenossen Kanonenfutter an die Westfront karrten.

Wenn nun Klaus Lederer (Linke) am Wochenende verlauten ließ, das Kreuz auf einem „mit öffentlichen Mitteln zu öffentlichen Zwecken erbauten staatlichen wie stattlichen Bau“ sei „völlig anachronistisch“, hat er damit schon recht, übersieht aber irgendwie, dass das ganze künstliche Schloss-Trumm ein gigantischer Anachronismus ist. Vom Vorschlag Ayman Mazyeks (Zentralrat der Muslime), man möge dem Ganzen doch gleich ein Tripel-Logo der „abrahamitischen Religionen“ aufsetzen, ganz zu schweigen. Geht’s noch patriarchaler?

Unser Fazit: Wir müssen größer denken, großstädtischer. Unser Vorschlag zur Güte: Die Kuppel bekommt eine im besten Sinne barocke Symbol-Krone aufgesetzt, in der sich alle mehr (Sterni-Trinker, Queer-People) oder weniger (Religionen) toleranten Zeitgenossen wiederfinden können. Noch etwas knorkes Berlinfeeling (Currwurst, Bär) dazu, ein Bekenntnis zur Zukunft (Fahrrad) und in Gottes Namen auch das Mikroskop, das der Humanistische Verband als Kreuzersatz und Wissenssymbol gefordert hat – fertig ist die Laube. Ende der Debatte.