Kita darf Verein sein

Urteil Erfolgreiche Revision eines Kita-Trägers vor dem Bundesgerichtshof

Erfolg für den Berliner Verein „Kirschkern“. Gemeinnützige Vereine, die Kitas betreiben, müssen sich nicht als GmbH organisieren. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem lange erwarteten Grundsatzbeschluss.

Der Kirschkern-Verein betreibt in Berlin inzwischen zehn Kinderläden. Diese haben lustige Namen wie „Emil Kirschkern“ oder „Pauline Kirschkern“. Pro Kinderladen werden 16 bis 32 Kinder betreut. Träger ist der Kirschkern e. V., der aus einer Elterninitiative entstand und 1995 ins Vereinsregister eingetragen wurde. Der Verein hat elf Mitglieder, der Vorstand arbeitet laut Satzung ehrenamtlich.

Ärger gibt es seit 2014. Damals drohte das Registergericht am Amtsgericht Charlottenburg, Kirschkern aus dem Vereinsregister zu streichen. Kirschkern sei „kein ideeller Verein“, weil er „Kinderbetreuung gegen Entgelt“ biete. Dabei konkurriere Kirschkern am Markt mit Unternehmen wie Lebenswelt Berlin gGmbH oder Ina.Kinder.Garten gGmbH, die ebenfalls mehrere Kitas betreiben. Entgegen der Satzung seien die Kirschkern-Kitas auch keine Elterninitiativen mehr. Das Registergericht gab Kirschkern drei Monate Zeit, sich in ein wirtschaftliches Unternehmen umzuwandeln.

25.000 Euro Stammkapital

Kirschkern war empört. Man könne doch nicht den gesamten Wohlfahrtsbereich in der Rechtsform von Kapitalgesellschaften organisieren. Hintergrund sind die Unterschiede zwischen GmbH und Verein: Eine GmbH braucht ein Stammkapital von mindestens 25.000 Euro. Außerdem sind die Anforderungen an Buchführung und Bilanzierung deutlich höher.

Zunächst unterlag Kirschkern. Das Kammergericht Berlin lehnte im Februar 2016 die Klage des Vereins ab. Die Gemeinnützigkeit sei nur steuerrechtlich relevant und habe keine Auswirkungen auf die Frage der Rechtsform. Entscheidend sei der Schutz von Geschäftspartnern. Das Vereinsrecht, das keinen Gläubigerschutz vorsieht, helfe wenig, wenn einem Kita-Betreiber die Zahlungsunfähigkeit droht. Deshalb müssten immer die Formen des Gesellschaftsrechts genutzt werden, wenn es hauptsächlich um eine „unternehmerische Betätigung“ geht. Zwar dürfe ein Sportverein – als Nebenzweck – durchaus auch eine kommerzielle Vereinsgaststätte unterhalten. Dieses „Nebenzweckprivileg“ passe hier aber nicht, denn der entgeltliche Betrieb der Kitas stehe bei Kirschkern eindeutig im Vordergrund.

Auf Revision von Kirschkern hob der BGH dieses Urteil nun wieder auf. Entscheidend sei die Anerkennung von Kirschkern als „gemeinnützig“. Dies indiziere, dass ein Verein nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb als Hauptzweck ausgerichtet ist. Zugleich erlaubte der BGH, dass Kirschkern seinen ideellen Zweck – die „theoretische und praktische Arbeit auf dem Gebiet der Erziehung“ – unmittelbar mit seinen wirtschaftlichen Aktivitäten verbinde. Kirschkern kann damit Verein bleiben. Christian Rath