Abschiebungen ohne Kontrolle

MIGRATION Der Senat will erst nach der Sommerpause eine unabhängige Beobachtungsstelle einrichten. Die Linke kritisiert die Verzögerung

Frühestens nach der Sommerpause werden Abschiebungen von einer unabhängigen Stelle kontrolliert. Wie aus der Antwort des Senats auf eine kleinen Anfrage der Linken hervorgeht, soll dieses Abschiebe­monitoring erst im 3. Quartal 2017 eingeführt werden.

Angesichts der steigenden Abschiebezahlen kritisiert die Linke die Verzögerung. „Der Senat muss jetzt handeln“, sagt Christiane Schneider, flüchtlingspolitische Sprecherin der Linken. Aus der Antwort auf ihre Anfrage geht hervor, dass der Senat mit der Diakonie und der Bundespolizei über die Wiedereinrichtung des Monitorings im Herbst dieses Jahres verhandelt. Viel zu spät, findet die Linkspartei. „Gerade jetzt, wo die Abschiebezahlen wieder steigen, ist ein Monitoring von besonderer Wichtigkeit“, kritisiert Schneider.

Neben Hamburg nutzt auch Schleswig-Holstein den Hamburger Flughafen für Abschiebungen. Weil von Hamburg aus so häufig abgeschoben wird, ist eine unabhängige Beobachtung der Abschiebepraxis nach Ansicht der Linkspartei unverzichtbar. Ein solches Monitoring ermögliche, das Vorgehen der Bundespolizei kritisch unter die Lupe nehmen zu können.

Dass der Senat eine unabhängige Beobachtung nicht durch öffentliche Gelder finanziere, ist in den Augen Schneiders „nicht akzeptabel“, da der Senat kein Problem damit habe, Geld für Abschiebemaßnahmen zu bewilligen.

Die Einführung einer solchen Beobachtung ist Teil des Koalitionsvertrags zwischen Sozialdemokraten und Grünen. Im Oktober vergangenen Jahres forderte die Bürgerschaft den Senat dazu auf, einen Träger mit der Durchführung eines Abschiebemonitorings zu beauftragen. „Es kann nicht sein, dass ein halbes Jahr nach dem Beschluss noch immer nichts geschehen ist“, kritisierte Schneider.

Im Jahr 2009 hatte die Nordkirche eine unabhängige Abschiebebeobachtung am Hamburger Flughafen eingerichtet. Als jedoch eine Kofinanzierung durch die EU, den Bund und die Länder scheiterte, lehnte es die Nordkirche ab, die Stelle weiterhin alleine zu finanzieren. Damit endete das Projekt im April 2015.

Die Grünen räumen ein, dass es sofort eine Nachfolgeregelung hätte geben müssen, als das Projekt eingestellt wurde. „Es gab innerhalb der Koalition Diskussionsbedarf“, sagt Antje Möller innenpolitische Sprecherin der grünen Fraktion. „Umso zufriedener sind wir, dass das Abschiebemonitoring jetzt auf den Weg gebracht wird.“ Einer EU-Richtlinie zufolge sind die EU-Mitgliedsstaaten verpflichtet, Rückführungen zu überwachen. Tobias Brück