Sarah Wiener
Die Zutat
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Foto: Alice Wiegand/CC BY-SA 3.0

Wenn Sie jetzt über regionale Märkte schlendern oder wenn Sie das Glück haben, auf dem Land zu leben und Bauern zu kennen, die nicht nur Weizen, Soja und Raps anbauen, dann fragen Sie nach einem fast vergessenen Gemüse: Stielmus.

Stielmus wird auch Rübstiel genannt, denn tatsächlich handelt es sich um nichts anderes als sehr dicht gepflanzte Sämlinge von Rübensorten, etwa der Speiserübe. Durch den Platzmangel bleiben die Pflanzen sehr klein, dünn und delikat. Dabei wächst Stielmus eigentlich auf jedem Boden und ist recht anspruchslos. Trotzdem ist dieses alte Gemüse fast in Vergessenheit geraten.

Wie jedes Gemüse, dass nicht „leer“ (beinahe ohne Geschmack, leicht süßlich, gleichmäßig und lagerfähig) gezüchtet wurde, ist Stielmus eine wahre Freude an Inhaltsstoffen: 100 Gramm besitzen mehr Vitamin C als wir täglich benötigen. Auch enthält Stielmus viel Betacarotin, das freie Radikale neutralisiert. Durch seine Verwandtschaft zum Kohl hat es auch viele Senfölverbindungen, die gut für das Immunsystem und die Verdauung sind. Daher kommt auch der leicht würzige Geschmack. Jüngere Pflanzen sind übrigens viel zarter, doch die alten haben mehr Inhaltsstoffe.

Im eigenen Garten kann man Stielmus sogar zweimal ernten. Jetzt im April und Mai und ein weiteres Mal im späten Herbst. Wenn sie sich Samen bestellen, achten Sie bitte darauf, dass Sie alte Sorten fördern. Auch nachbaufähig sollten sie sein.

In der Küche wäscht man die Blätter und Stiele erst einmal sehr gut. Oft setzt sich Erde in die Rippen ab wie beim Spinat.

Die jungen grünen Blätter sind bei den meisten Sorten zu hart, um sie mit Genuss zu verputzen. Als pürierte Suppe bringen sie allerdings Abwechslung auf den Teller. Mit Zwiebel und Knoblauch angebraten sind sie eine gute Füllung für Quiche oder Blätterteig. Mit Blauschimmelkäse oder knusprigem Speck passen sie auf jeden Mittags- oder Abendtisch, auch mit Chili, Ingwer, Zimt und Muskat vertragen sie sich hervorragend.

Die Stiele werden prinzipiell ähnlich wie Mangold verwendet. Als Beilage, in Suppen, Eintöpfen oder salzigen Kuchen – oder, im „Kinderstadium“, als Rohkost und Salatbeilage.

Auch hier, bei diesem fast vergessenen Gemüse zeigt sich: schützen durch aufessen! Viel Freude beim Schützen!

Die Köchin Sarah Wiener stellt hier jeden Monat eine ihrer Lieblingszutaten vor.