Neue Heimat

Knast statt Traumjob, Nationalstolz für Linke, verfassungspatrio­tische Omas und die Grünen auf der Suche nach dem Sozialen

Wer ist hier deutsch?

meinland Ist Patriotismus für Linke weiterhin undenkbar? Eine Diskussion mit Esra Küçük

„Bist du deutsch, Esra?“ – „Ja, ich bin deutsch, Tochter, Schwester, St.-Pauli-Fan, Dramaturgin, Türkin.“ Gleich in der ersten Veranstaltung des taz.lab-Tages diskutierte taz.lab-Kurator Jan Feddersen mit Esra Küçük, Dramaturgin am Gorki-Theater, über Patriotismus in Deutschland.

Jan Feddersen, wie Esra Küçük in Hamburg geboren, fragte weiter, was denn das neue deutsche Wir ausmachen könnte? Für Esra Küçük wurde diese Frage bisher maßgeblich negativ beantwortet. Es sei jedoch an der Zeit, den Versuch zu unternehmen, dieses Wir positiv zu besetzen.

In den vergangenen 15 Jahren sieht sie hierfür einen Trend, doch sie betont auch, dass die Gesellschaft an einem Scheidepunkt steht. Man müsse sich entscheiden, auf welcher Grundlage die Demokratie verstanden werden soll: entweder als eine staatliche Rechtsgrundlage für ausgewählte Gruppen oder für alle. Beide Diskutierende stimmten in einem zentralen Punkt überein: Für die Zukunft müssten Wege gefunden werden, mit Differenzen umzugehen. Das müsse auch schon in der Schule beginnen.

Es bringt nichts, wenn Differenzen negiert oder ignoriert werden, so Esra Küçük.

Aus dem Publikum kam schließlich die Frage, welchen Patriotismus man denn nun haben könne? Weiteren Meldungen aus dem Publikum zeigten auf, dass Verfassungspatrio­tismus auf diese Frage eine mögliche Antwort sein könnte. Ein Streitpunkt blieb aber, nämlich wie sich dieser Verfassungs­patriotismus konkret leben lässt.

Wenn eine rechtsstaatliche Verfassung die Grundlage bildet, müssen auch hierfür gültige Regelwerke formuliert werden. Diese bilden wiederum Fallstricke für ausgrenzende Mechanismen. Ein Dilemma, das auch die Diskussionsrunde nicht völlig lösen konnte. Torben Becker